Der Morgen: Der Frau die Dusche überlassend erstmal eine Kippe an Deck. Festland auf steuerbord in Sicht. Je nach Monat ist es noch dunkel oder schon Dämmerung. Die Flurleichen schauen alle irgendwie leicht unentspannt aus. Bloß nicht grüßen. Da sie meist in Treppenaufgängen auf ihren Isomatten kampieren haben selbst die freundlichsten "Camper" nach dem 10. Gruß an vorbeischlendernde Mitreisende aufgegeben. Es kann auch der eigene mitleidige Blick sein, welcher sie gefühlt als Mensch zweiter Wahl irgendwie als Ausgegrenzte regungslos daliegen lässt. Oder sie sind einfach noch müde.
Frühstück: Nach der Morgentoilette alles zusammenpacken. Eigentlich hat man nur das nötigste ausgepackt und die Sachen zum zurück räumen sind überschaubar. Zimmerschlüssel liegen lassen und ab zur Kantine.
Cappu, Espresso, Schoko-Croissant (alternative Rührei mit Speck). Was ein Luxus. Mit deutschem Kaffeestandard im Hirn kommen dir sofort Gedanken an deinen Kardiologen. Alta Vadda, die strecken an Bord doch reines Koffein mit Kaffeepulver. Du bist hellwach, schlagartig. Die Durchsagen häufen sich und ergeben langsam wie ein Puzzle einen tieferen Sinn...es bleibt genug Spielraum für die eigene Interpretation der Infos. Sehr hilfreich sind auch 4 Monitore in einem Raum, wo unterschiedliche italienische Sender von der Telenovela bis zu den Nachrichten den Morgen beginnen lassen. Man wartet irgendwie auf einen Bericht über die Mafia, wenn da was von Neapel oder Lokalpolitik läuft....gefühlt ist in Italien irgendwo immer irgendwas los. Alle Klischees werden bedient. Warum man spätestens jetzt bereut den Zimmerschlüssel liegen gelassen zu haben...dies darf jeder selber rausfinden.
Anlanden: Der Hafen kommt in Sicht. Als Leichtmatrose bewunderst Du das rückwärts Einparken vom Captain. Sauber getroffen. Da war doch noch was? Verdammt, wenn Du jetzt nicht wie Usain Bolt in die Garage sprintest wirst Du nur einen Blechhaufen vorfinden, von dem was mal dein Auto war. Zielsicher findest Du natürlich den Abgang. 3 Decks tiefer wirst Du von einer Menschenmenge schlagartig eingebremst. Alle Tore zu? Es kommen Zweifel auf. Du deutest Kracke oder Fisch oder Seestern. Mist, falscher Abgang. Gefühlt geht nun eine Reise nach Jerusalem los, weil geschätzt ca. 30% deiner Mitreisenden auch irgendwie was verwechselt haben. Es ist Murphys Gesetz, diese Leute waren meist überpünktlich und demzufolge auch ganz unten im Abgang. Naja, so lernt man noch den einen oder anderen Hund kennen. Je nach Größe mal mit mehr oder weniger Respekt. Aber was solls, man muss das Tor finden. Scheint auch eine Art gewünschter Morgensport oder Zeitvertreib für alle zu sein. Ganz wichtig ist Koffer und Taschen von einigen zu beachten. Wo waren die? 8 Wochen Hurtigruten?
Ausparken: Glückwunsch. Zurück ins Auto geschafft. Man, ist hier eine Hitze. Spätestens jetzt fällt dir der Schokoriegel (alles was schnell schmilzt hier beliebig einsetzen) im Türfach deines Wagens von der Anreise ein. Gedanken über die Größe eines Schiffsdiesel kommen auf. Jetzt geht es los. Hier gibt es für alle Varianten des "geordneten" Ausparken zu viele Szenarien, um sie hier vollumfänglich zu beschreiben. Wichtig: schon mal die Hupfunktion am Fahrzeug testen. Lieber einmal mehr, alle sind im Stress. Und wir haben ja gelernt, Hupen hat noch immer jedes Problem sofort gelöst, alles geht noch schneller....Ausführungen über die Fahrkünste einiger Zeitgenossen spare ich mir. Die Dellen an deren KFZ sind nun selbsterklärend.
Irgendwann erblickst Du das Sonnenlicht beim Ausfahren. Ein Gefühl kommt auf. Beschreiben würde ich es so
Schnell löst sich der Verkehr in alle Richtungen auf. Der erste Parkplatz auf der Kuppe mit Überblick über Golfo Aranci muss deiner sein! Fototermin (siehe Anhang). Sofort im Whatsapp posten, um den Daheimgebliebenen ein Signal des Überlebens zu senden und dir bewusst werden: WIEDER DA, AUF SARDINIEN!