Um es vorwegzunehmen, die Amtszeit von Giorgio Napolitano endet am 15. Mai 2013.
Das Parlament beginnt bereits am 15. April mit der parlamentarischen Debatte um einen möglichen Amtsnachfolger.
Nachdem Napolitano erfolglos Sondierungsgespräche mit den Spitzen der Parteien geführt hat, macht er von dem konstitutionellen Recht Gebrauch, eine entsprechende ‚Kommission’ – die so genannten ‚10 Weisen’ zu benennen, die Alternativen erarbeiten soll für mögliche Auswege aus der politischen Pattsituation.
Diese Kommission besteht z.Zt. aus zwei Gruppen und soll auf Basis der bestehenden Partei- bzw. Koalitionsprogramme dringende institutionelle Reformen und wirtschaftliche Maßnahmen erarbeiten, die in den beiden Parlamentskammern (Abgeordnetenhaus und Senat) von den politischen Parteien unterstützt werden.
Sinn und Zweck der Kommission ist, Annäherungen der großen Parteien herbeizuführen, die seit den Parlamentswahlen vor 6 Wochen nicht koalitionsfähig sind. Insofern bleibt vorerst die Monti-Regierung bis zur Ernennung der nächsten Exekutiv-Regierung für die laufenden Geschäfte weiterhin im Amt.
Mit Berufung der ‚10-Weisen-Kommission', welche sich mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Justiz zusammensetzt, hat sich Napolitano zu einem 'ultima-ratio' Schritt entschieden. Letzte Woche hat der 87-jährige Staatspräsident noch vor einer äußerst schwierigen Entscheidung gestanden, nachdem sich die großen Parteien geweigert hatten, auch nur ein J-ta von ihren Positionen abzuweichen.
Die italienischen Medien hatten sogar im Hinblick auf Neuwahlen auf einen evtl. Rücktritt Napolitanos spekuliert – aufgrund der brodelnden Gerüchteküche aus der Parteienlandschaft.
Da Napolitano sich in den letzten Wochen seines Präsidentenmandats befindet, kann er gemäss der Verfassung das Parlament nicht mehr auflösen und damit Neuwahlen einleiten. Diese Kompetenz hätte nur sein Nachfolger. Um die Wahl des neuen Staatschefs, die im Parlament am 15. April beginnt, vorzuverlegen, müsste er zurücktreten. Dies allerdings schloss Napolitano letzte Woche aus und bekräftigte, bis zum letzten Tag sein Amt ausüben und seinen Beitrag zur Lösung der politischen Krise leisten zu wollen.
Möglicherweise wäre ein vorzeitiger Rücktritt Napolitanos dem Lande nicht dienlich gewesen, und das politische Chaos wäre größer geworden.
Sollte das Parlament das Wahlgesetz nicht reformieren, ist eine erneute Pattsituation bei den nächsten Wahlen nicht auszuschließen.
Aufgrund der jüngsten Konsultationen musste Napolitano auch ausschliessen, eine ‚überparteiliche’ Persönlichkeit mit der Regierungsbildung zu beauftragen.
Das Parlament hätte der Partei einer «Exekutive des Präsidenten» das Vertrauen nicht ausgesprochen. Napolitano versucht nun einen dritten Weg, um eine handlungsfähige Regierung auf die Beine zu stellen. Aus unterrichteten Kreisen ist zu hören, dass er mit dem Einsatz der ‚Experten-Kommission’ die beiden größten politischen Parteien zu einem Kompromiss bewegen will.
Die Vorgeschichte:
Bei den Wahlen Ende Februar war das Mitte-Links-Bündnis von Pierluigi Bersani knapp vor dem von Silvio Berlusconi angeführten Mitte-Rechts-Lager als stärkste Kraft hervorgegangen. Bersanis Bündnis verfügt aber nicht über die erforderliche Mehrheit, um alleine eine Regierung zu bilden, und schließt eine Koalition mit Berlusconi aus. Doch auch die dritte politische Kraft im Parlament, das Movimento Cinque Stelle von Beppe Grillo, lehnt es ab, mit anderen Parteien zu koalieren.
Zur Zeit bezweifeln alle Parteien, hier eine regierungstaugliche Einigung zu erzielen. Daran wird aufgrund ihrer Verlautbarungen auch nichts der Einsatz der Experten-Kommission ändern.
Es wird m.E. alles darauf hinaus laufen, dass Napolitano seine Amtszeit bis zum „letzten Atemzug“ erfüllt, wir in der Zwischenzeit die kommissarische Monti-Regierung als Insolvenzverwalter dulden und nach dem 15. Mai – wenn der neue Staatspräsident gewählt ist - wir uns Neuwahlen gegenübersehen.