Rechtsprechung in Italien - 2 Räuber getötet - Juwelier zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt

Beppe

Sehr aktives Mitglied
Rechtsprechung in Italien - 2 Räuber getötet - Juwelier zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt

Mario Roggero schoss auf die 3 Räuber, die seinen Laden überfallen hatten:
2 Räuber starben, einer wurde verletzt.
Urteil: 17 Jahre Gefängnis wegen zweifachen Totschlags und versuchten Totschlags.


Dies ist das Urteil des Landgerichts für Mario Roggero, den 68-jährigen Juwelier von La Morra in der Provinz Cuneo, der für den Totschlag an dem 58-jährigen Giuseppe Mazzarino und dem 44-jährigen Andrea Spinelli angeklagt wurde.

2 der 3 Täter, die am 28. April 2021 im Weiler Gallo von Grinzane Cavour in Cuneo überfallen haben, starben. Der 3., Alessandro Modica, wurde nur am Bein verwundet und konnte entkommen und wurde wenige Stunden später festgenommen. Der Staatsanwalt Davide Greco hatte sogar nur eine Strafe von 14 Jahren gefordert.

Das Urteil wird sicherlich zu einem Aufschrei in der italienischen Öffentlichkeit führen und ein absolutes Unverständnis in Justiz und Rechtsstaat hinterlassen. Der Juwelier benutzte eine Waffe, obwohl er weder Waffenschein hatte noch diese ordnungsgemäß angemeldet hatte.

Der Gerichtshof hat den Familien der Opfer vorläufig sogar noch € 460.000 Schadensersatz zugesprochen.

Schwierig im Augenblick, die ganze Problematik in voller Gänze zu bewerten und zu verstehen.
Aber macht auf jeden Fall äußerst nachdenklich!

Quelle(n):

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Hier geht es wohl insgesamt um die Problematik von: Notwehr, Putativnotwehr und Erlaubnistatbestandsirrtum und dem Juristenleitsatz: Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen!

Auch in D wäre in einem vergleichbaren Fall von einem Gericht möglicherweise ähnlich geurteilt worden.

Hier ist insbesondere auch auf den zeitlichen Ablauf und die Abfolge des Überfalls abzustellen.
Die Täter hatten wohl bereits den Laden des Geschädigten wieder verlassen (waren quasi auf der Flucht), als der Juwelier mit seiner illegalen Waffe den Tätern aus seinem Laden hinaus hinterher lief und begann auf diese (hinterrücks / heimtückisch ?) zu schießen. d.h., spätestens mit Verlassen des Ladenlokals durch die Täter, war eine Notwehrsituation für den Juwelier erkennbar nicht mehr gegeben.

Ich vermute mal, daß auch das italienische Gericht es so oder so ähnlich sieht, daß ab spätestens dem Verlassen des Ladenlokals seitens der Täter keine akute Notwehrsituation für den Juwelier mehr vorgelegen hat, sondern dieser evtl. vielmehr eher aus Rache o.ä. Beweggründen gehandelt hat.

Nichtsdestotrotz, das Urteil wird in Italien sicherlich noch intensiv in der Presse + Öffentlichkeit diskutiert werden.

zu ähnlicher oder vergleichbarer Tatbestandsproblematik in D:
siehe auch:

I. Grundlagen der Notwehr, § 32 StGB
II. Prüfungsschema: Notwehr, § 32 StGB
1. Notwehrlage
2. Notwehrhandlung
3. Notwehrwille: Subjektives Rechtfertigungselement

III. Putativnotwehr – der Erlaubnistatbestandsirrtum (ETBI)

zum Erlaubnistatbestandsirrtum siehe auch:
 
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Hm.....war er wohl unter Schock/Stress und hat darum später gehandelt........

Klar ist es schwierig zu beurteilen, nur, irgendwie kann man ihn verstehen. Oder so rum, wären die Diebe nicht in sein Geschäft, würden sie heute noch leben.......
 
Die Tatsache, dass der Juwelier eine illegale Waffe besaß, wird wohl auch zum Urteil beigetragen haben, könnte ich mir vorstellen.
Zum Thema illegaler Waffenbesitz. Ich wundere mich immer, wie auf Sardinien rumgeballert wird, bei Festen wie Ostern, Hochzeiten, Silvester .... es scheinen wirklich viele eine Waffe zu haben. Man fragt sich, sind die alle angemeldet, sind die Besitzer alle Jäger?
 
@Georgie

hätte der Juwelier z.B. bei Eindringen der Täter mit seiner illegalen Waffe auf diese direkt geschossen, dann wäre er möglicherweise (entschuldbare Nutzung! - direkte Notwehr!) hierbei insofern 'frei gesprochen' worden.
Auch, hätte er einen rechtmäßigen Waffenschein und die Waffe rechtmäßig gehabt und hätte dann ebenfalls erst nach Verlassen der Täter vom Tatraum, den Schußwechsel nachträglich (so wie jetzt!) begonnen, dann wäre höchstwahrscheinlich das Ergebnis wie jetzt gleich!

D.h., dass das Gericht hierbei nicht auf den legalen/illegalen Gebrauch der Waffe abstellt, sondern einzig und allein auf den Gebrauch in Bedrohungslage bzw. erst nachträglich der Bedrohungslage (keine echte Bedrohung mehr vorhanden!).
 
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Schon klar, aber die Tatsache des illegalen Waffenbesitzes könnte m.E. zurecht das Urteil und Strafmaß beeinflusst haben, ohne dass der Richter darauf eingeht. Wer eine Waffe besitzt, muss/sollte in der Lage sein, sich beim Gebrauch der Waffe zu kontrollieren. Wofür muss man einen Waffenschein (in D) machen bzw. im Fall, wenn ein Waffenschein nicht erforderlich ist, den Grund bei Anschaffung einer Waffe angeben.
 
Wir wohnten auf einem Aussiedelhof in Deutschland wo es bei uns und dem benachbarten Hof immer wieder zu Diebstahlversuchen, Brandstiftung und Vandalismus kam. Nach einem wiederholten nächtlichen Vorfall und einem Gespräch mit den zuständigen Beamten äusserte ich,inzwischen einen Schlagstock neben der Tür zu haben,worauf der Polizist zu mir sagte " gleich drauf hauen, ohne die Person anzuspechen sonst ist es Vorsatz.
Ein anderer Fall bei uns im Ort nach mehreren Diebstahlversuchen ließ der Eigentümer seinen Schäferhund nachts im eingefriedeten Grundstück frei laufen, eines Nachts wurde wieder der Zaun überstiegen und der Hund stellte die Person und biss auch zu.Der Grunstückseigentümer wurde anschliessend zu einer 4 stelligen Geldstrafe verurteilt, obwohl mit entsprechenden Schildern auf den freilaufenden Hund hingewiesen wurde.
Recht haben und Recht bekommen sind zwei unterschiedliche Dinge.
LG Klaus
 
noch verrückter @goergie wird's, wenn z.B. nach/bei der Tat zufällig ein Polizist da gewesen wäre und der
hätte dann nach Erkennen der Situation statt dessen von seiner Schußwaffe Gebrauch gemacht und 2 Täter erschossen bzw. den 3. angeschossen. Höchstwahrscheinlich wäre dieser dann mit einer 'Medaglia d'oro' für hervorragende Dienste in Amtsausübung belobigt worden.
 
@goergie

ob Beine oder Oberarm, wenn hierbei z.B. dort die Hauptschlagader getoffen wird, dann ist Matthäus am Letzten. So genau kann auch kein Provinzbulle zielen.
 
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Ich muss Beppe in seinem Beitrag #5 Recht geben.

Ob die Waffe legal oder illegal ist, wäre in dem Fall auch in Deutschland fast zweitrangig.
Entscheidend ist, ob eine "unmittelbar andauernde Bedrohungslage" noch gegeben war.

Beispiel:
Eine Tankstelle wird überfallen und der Räuber droht mit einer Schusswaffe.

Der Kassierer hat auch eine und schießt. --> Notwehr = Straffrei
(War die Waffe illegal, dann gibt es ein Verfahren und Strafe wegen illegalem Waffenbesitz.)

Wenn sich hinterher herausstellt, das es sich bei der Waffe des Täters um eine Attrappe gehandelt hat ist es die in #2 erwähnte Putativnotwehr, also auch Straffrei.

Läuft der Täter schon davon ist die direkte Bedrohung beendet. Ab dann ist ein Schuss keine Notwehr mehr.
 
Die Fragestellungen, die in der Öffentlichkeit verbleiben:

Ist das Hinterherlaufen des Juweliers hinter den Tätern und dessen Schießen (z.B. zur Rückerlangung von evtl. gestohlenem Material/Juwelen und zum Habhaftwerden der Täter) nicht insgesamt auch noch noch eine durchaus verständliche (entschuldbare) Reaktion zur Rückerlangung seines Eigentums?
und insofern auch insgesamter Bestandteil der Notwehrsituation?

Kann oder muß der unglückliche Ausgang des Tathergangs dem Juwelier nahezu zwingend alleine zugeschrieben werden, obwohl ursächlich hierfür ja die Tataktivitäten von den Räubern ausging?

Können die Opferfamilien der Räuber letztendlich überhaupt noch einen Anspruch i.H.v. € 460.000 auf Schadensersatz haben, obwohl letztendlich die Ursächlicheit des Vorfalls ja von den Räubern selbst initiert und verschuldet war?
Diese allerletzte Schadensersatzzusprechung dürfte Volkes Sprachlosigkkeit und Verständnis ganz gehörig durcheinander bringen. Wer wissentlich eine solche Straftat begeht, sollten dann demjenigen sowie dessen Umfeld auch noch eventuelle Schadensersatzleistungen zustehen bzw. sollten diese dann grundsätzlich ausgeschlossen sein?
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Ist das insgesamt ausgesprochene Strafmaß von 17 Jahren für einen 68-jährigen, der sein ganzes Leben bisher straffrei war und in Anbetracht des Tathergangs überhaupt angemessen oder völlig absurd?
 
Tja.......menschlich gesehen, wären die Diebe am Ganzen schuldig. Leider aber gibt es zu viele Anwälte und jeder versucht zu brillieren!
Man kann ja auch bestraft werden, wenn ein Dieb in einen Schacht fällt, weil der nicht ausreichend bedeckt war. Wenn ein Dieb ins Haus einbricht und der Hund zu beisst. Schlimm halt auch, wenn einer Unfug macht und das sich wehrende Opfer ist männlich.....
 
Ist das Hinterherlaufen des Juweliers hinter den Tätern und dessen Schießen (z.B. zur Rückerlangung von evtl. gestohlenem Material/Juwelen und zum Habhaftwerden der Täter) nicht insgesamt auch noch noch eine durchaus verständliche (entschuldbare) Reaktion zur Rückerlangung seines Eigentums?
und insofern auch insgesamter Bestandteil der Notwehrsituation?

Es stellt sich auch die Frage, ob der Juwelier seinen Schmuck versichert hatte, oder evtl. unterversichert war.
Weil wie sonst kann man sich seine Reaktion erklären. Man knallt doch niemanden dafür ab, was man im nachhinein von der Versicherung wieder erstattet bekommt.
 
Potzblitz. D.h., einige von Euch finden es tatsächlich legitim, jemand zu töten, Leben zu nehmen? Wegen einem Diebstahl von Wertgegenständen?
Im Sinne von " selbst dran Schuld" , hätte ja damit rechnen müssen?
Ich bin echt entsetzt.
Wie gut, dass man sich immer noch über richtige oder falsche richterliche Beschlüsse aufregen kann und höhere Instanzen anzweifeln darf.
Selbstjustiz ist ein heikles Thema.
Das geht in die gleiche Richtung.
Was wissen wir schon von den tatsächlichen Lebensumständen aller Beteiligten. Inclusive Berichterstatter und Journalisten.
 
Es stellt sich auch die Frage, ob der Juwelier seinen Schmuck versichert hatte, oder evtl. unterversichert war.
Weil wie sonst kann man sich seine Reaktion erklären. Man knallt doch niemanden dafür ab, was man im nachhinein von der Versicherung wieder erstattet bekommt.
@Ponti

ich glaube, in so einer Ausnahmesituation steigt der Adrenalinspiegel ins unermeßliche und selbst der friedlichste Bürger wird so möglicherweise in ungeahnter Weise zum 'Tier' und erkennt sich im Nachhinein selbst nicht mehr wieder.
 
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a proposito:
So kontrovers, wie hier, sind auch die Leserkommentare in der Unione Sarda zum o.a. Artikel.
 
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Klar soll man nicht einfach jemanden erschiessen! Es stellt sich aber auch die Frage, wie treffsicher man in so einer (doch eher brutalen) Situation ist.
Es heisst ja, dass er keinen gültigen Waffenschein 'mehr' hatte........also seit wann und wie oft wurde geübt?
Dann Frau und Tochter gefesselt......somit schon stärkere Tat also 'nur' Diebstahl.
Vielleicht von mir inkorrekt, bloss wie kommt man auf 'Tötungsabsicht'? Tut mir leid, das ist eine Fremdinterpretation. Rein persönlich hät ich in der selben Situation wohl eher den klaren Gedanken, meine Frau/Tochter zu schützen und ja auch das Diebesgut....OK, die Täter waren auf der Flucht.........heute hilft auch da niemand mehr um Wegrennende zu stoppen.

Über Allem seh ich einfach eine Verzweiflungstat, die in enormem Stress entstanden ist...... oder ganz einfach, wem würd da nicht die 'Sicherung' durchbrennen?
 
Vielleicht mag es nachvollziehbar sein, wie Marco R. gehandelt hat. Wenn die Darstellung der FAZ so stimmen sollte, wäre die Situation des rechtfertigenden Notstands aber eindeutig vorbei, wenn die Täter flüchten und dabei niemanden mehr direkt bedrohen.
Ob das Strafmaß so hoch hätte ausfallen müssen, ist dann allerdings nochmal eine andere Geschichte...
 
@Huan

auf YouTube gibt's einen Beitrag von und mit der Urteilsverkündung in Asti; gleichzeitig gibt's auch ne Menge Kommentare hierzu und die Bandbreite der unterschiedlichen Meinungen zum Urteil sind recht hoch.

siehe:
 
Um den Bogen zu Sardinien zu schlagen - Auf Sardinien ist man generell sehr darauf bedacht, sein Eigentum zu schützen, niemanden ungefragt in sein Haus, auf sein Grundstück zu lassen, "my home is my castle". Da reagieren die Sarden äußerst empfindlich. Es ist sogar ein ungeschriebenes Gesetz, nicht in die privaten Höfe zu gucken, noch nicht mal im Vorübergehen von der Straße aus. Das wissen viele Touristen nicht, man kann immer wieder beobachten, dass sie stehen bleiben und in die Höfe schauen. Selbst wenn man an der Haustür geklingelt hat, ist es usus, beim Eintritt "permesso?" dt." ist es erlaubt?" zu rufen.
Salvinis Reform des Notwehr Gesetzes wird auf Sardinien auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Urteil lautstark zugunsten des Juweliers in den Bars diskutiert wird.
 
@Georgie

da kann man ja nur hoffen, daß Salvinis Notwehr-Reformgesetz nicht evtl. dazu führt, daß jeder Tourist der irgendwo zukünftig ungefragt über eine Mauer oder eine Grundstücksgrenze schaut, dann in Zukunft einfach weggeschossen werden kann.
 
Die Tatsache, dass der Juwelier eine illegale Waffe besaß, wird wohl auch zum Urteil beigetragen haben, könnte ich mir vorstellen.
Zum Thema illegaler Waffenbesitz. Ich wundere mich immer, wie auf Sardinien rumgeballert wird, bei Festen wie Ostern, Hochzeiten, Silvester .... es scheinen wirklich viele eine Waffe zu haben. Man fragt sich, sind die alle angemeldet, sind die Besitzer alle Jäger?
Unsere Leuchtwaffe wurde in Sardinien dann und wann kontrolliert.
 
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