Wirtschaftslage Sardiniens - Teil 1
Beppe
Sehr aktives Mitglied
Am 27.5.2011 veranstaltete die CRENoS (Centro Ricerche Economiche Nord Sud) in der Universität Cagliari einen Vortrag zur Wirtschaftslage Sardiniens
Die CRENoS ist eine Forschungseinrichtung (Institut) der Universität Cagliari und der Universtität Sassari.
An dem Forschungsbericht haben insgesamt 28 namhafte Wissenschaftler aus vielen Disziplinen sowie aller politischen Couleur mitgearbeitet.
Ich fand diesen Beitrag äußerst interessant (auch wenn er bereits 8 Monate alt ist!) und habe ihn insoweit für den geneigten und interessierten Forumleser einmal „stehgreif übersetzt“.
Es ist möglicherweise der längste Beitrag, den dieses Forum je gesehen hat – aber dafür sicherlich auch recht informativ. Aufgrund der Begrenzung eines einzelnen Postings auf max. 10.000 Worte insoweit der Beitrag nun zerstückelt in insgesamt 6 Einzel-Beiträgen
Buon divertimento!
Die Wirtschaftliche Situation Sardiniens - 18. Report 2011
Das Inflationsbereinigte Einkommen von Sardinien fiel Ende des Jahres 2009 mehr oder weniger auf das Niveau von 2002 zurück. Die Rezession hat vor allem die reichsten Gegenden der Insel getroffen und diese sind hierdurch für den überproportionalen Einbruch der Wirtschaft maßgeblich.
Die sardische Wirtschaft sank insoweit paradoxerweise auf den gemeinsamen nationalen Durchschnitt zurück. Noch im Jahr 2009 belief sich das BIP von Sardinien auf 33.451 Millionen-EURO und beträgt insoweit 79,3% pro Kopf des nationalen Durchschnitts.
Im Vergleich mit dem Europa der 27 EU-Staaten hat sich das Pro-Kopf-Einkommen in Sardinien von ursprünglichen 89 % des EU-Durchschnitts im Jahre 1998 auf nur noch 79% im Jahr 2008 verringert.
Kurzfristige Aussichten
Für Italien hat die Europäischen Kommission in ihrer Frühjahrsprognose von 2011 ein Wachstum des BIP im Jahr 2011 von nur 1% - bei unveränderter Politik - und von 1,3% im Jahr 2012 vorausgesagt. Die Kommission sieht keine realen Aussichten das BIP-Wachstum nach oben zu korrigieren, da die strukturellen Schwächen der italienischen Wirtschaft dem entgegenstehen.
In der Zwischenzeit wächst jedoch das Europa der übrigen 27 Staaten um durchschnittlich 1,75% pro Jahr (korrigiert nach oben) und die Prognosen für die deutsche Wirtschaft sind bereits recht gut, und nachdem Deutschland für 2010 bereits ein Wachstum von 3,5% erreicht hat – wird es für 2011 mit einer Steigerung von 2,6% rechnen. Andere große Länder wie Frankreich und Großbritannien werden ebenfalls wachsen (mit ca. 1,8 bzw. 1,7%) und den übrigen Ostseeländern, scheint ebenfalls ein nachhaltiges Wachstums (Schweden +4,2 %, Finnland +3,7%, +4,0% Polen, die baltischen Republiken +4,5%) beschieden zu sein.
In Bezug auf Wachstum, ist es allerdings eher unwahrscheinlich, dass Sardinien in der Lage ist, besser als der italienische Durchschnitt dazustehen. Aufgrund der vorhandenen Strukturschwächen, ist Sardinien nicht in der Lage einen ähnlich gearteten Aufschwung zu nehmen wie andere europäische Staaten – allein aufgrund der direkten Abhängigkeit von der italienischen Binnennachfrage. Es gibt einige kleinere Anzeichen einer Erholung - allerdings ausschließlich aus dem Arbeitsmarkt kommend, dank einer positiven Dynamik des Dienstleistungssektors.
Die Entwicklung der regionalen Wirtschaft
"Ein relativ gemäßigter Abstieg auf eine tiefere wirtschaftliche Lagen ist relativ schmerzlos“. Mit diesem Satz kann man die Entwicklung des BIP pro Kopf von Sardinien im Jahr 2009 von "nur" 3,9% gegenüber von 5,2% des nationalen italienischen Durchschnitts vergleichen.
Ungeachtet einer vorsichtigeren neueren Schätzung der ISTAT (Anm. d. Ü: italienisches Amt für Statistik) werden die wirtschaftlichen Auswirkungen einer globalen Rezession auf Sardinien mittelfristig weniger schwerwiegend sein als auf das restliche Italien.
Das ist natürlich nur ein schwacher Trost, hinter dem dramatischen Bild, welches entsteht
wenn man die einzelnen Indikatoren im Bericht näher analysiert.
Die Verbrauchswerte pro Haushalt und pro Kopf fallen auf das Niveau von 1999 zurück, mit einem jährlichen Rückgang in den letzten fünf Jahren von jeweils 0,8%, was im Wesentlichen auch dem italienischen Durchschnitt entspricht. Der Trend dieser Entwicklung wurde in Sardinien bereits erwartet, so dass in 2009 der Rückgang relativ gering war (1,5 % des BIP und damit deutlich unter dem italienischen Durchschnitt von -2,6 % und einem Rückgang im Mezzogiorno (Süditalien) von -3%.
Für Sardinien weisen die Wirtschaftszahlen gegen Ende des Jahres 2009 die höchste Leistung aus und die Produktivität stieg in den Jahren 2006-2008 kontinuierlich; lediglich in 2009 mußte man einen leichten Rückgang von 0,7% notieren. Diese Zahlen drücken insgesamt einen Anstieg der Gesamtproduktivität Sardiniens bis Ende 2008 aus. Im Jahre 2009 ist vor allen Dingen eine indirekte Wirkung durch einen starken Einbruch im Arbeitsmarkt entstanden, von dem ca. 20.000 Beschäftigte betroffen waren. Dies traf Sardinien insoweit jedenfalls weitaus stärker als den Rest Italiens.
Die CRENoS ist eine Forschungseinrichtung (Institut) der Universität Cagliari und der Universtität Sassari.
An dem Forschungsbericht haben insgesamt 28 namhafte Wissenschaftler aus vielen Disziplinen sowie aller politischen Couleur mitgearbeitet.
Ich fand diesen Beitrag äußerst interessant (auch wenn er bereits 8 Monate alt ist!) und habe ihn insoweit für den geneigten und interessierten Forumleser einmal „stehgreif übersetzt“.
Es ist möglicherweise der längste Beitrag, den dieses Forum je gesehen hat – aber dafür sicherlich auch recht informativ. Aufgrund der Begrenzung eines einzelnen Postings auf max. 10.000 Worte insoweit der Beitrag nun zerstückelt in insgesamt 6 Einzel-Beiträgen
Buon divertimento!
Die Wirtschaftliche Situation Sardiniens - 18. Report 2011
Das Inflationsbereinigte Einkommen von Sardinien fiel Ende des Jahres 2009 mehr oder weniger auf das Niveau von 2002 zurück. Die Rezession hat vor allem die reichsten Gegenden der Insel getroffen und diese sind hierdurch für den überproportionalen Einbruch der Wirtschaft maßgeblich.
Die sardische Wirtschaft sank insoweit paradoxerweise auf den gemeinsamen nationalen Durchschnitt zurück. Noch im Jahr 2009 belief sich das BIP von Sardinien auf 33.451 Millionen-EURO und beträgt insoweit 79,3% pro Kopf des nationalen Durchschnitts.
Im Vergleich mit dem Europa der 27 EU-Staaten hat sich das Pro-Kopf-Einkommen in Sardinien von ursprünglichen 89 % des EU-Durchschnitts im Jahre 1998 auf nur noch 79% im Jahr 2008 verringert.
Kurzfristige Aussichten
Für Italien hat die Europäischen Kommission in ihrer Frühjahrsprognose von 2011 ein Wachstum des BIP im Jahr 2011 von nur 1% - bei unveränderter Politik - und von 1,3% im Jahr 2012 vorausgesagt. Die Kommission sieht keine realen Aussichten das BIP-Wachstum nach oben zu korrigieren, da die strukturellen Schwächen der italienischen Wirtschaft dem entgegenstehen.
In der Zwischenzeit wächst jedoch das Europa der übrigen 27 Staaten um durchschnittlich 1,75% pro Jahr (korrigiert nach oben) und die Prognosen für die deutsche Wirtschaft sind bereits recht gut, und nachdem Deutschland für 2010 bereits ein Wachstum von 3,5% erreicht hat – wird es für 2011 mit einer Steigerung von 2,6% rechnen. Andere große Länder wie Frankreich und Großbritannien werden ebenfalls wachsen (mit ca. 1,8 bzw. 1,7%) und den übrigen Ostseeländern, scheint ebenfalls ein nachhaltiges Wachstums (Schweden +4,2 %, Finnland +3,7%, +4,0% Polen, die baltischen Republiken +4,5%) beschieden zu sein.
In Bezug auf Wachstum, ist es allerdings eher unwahrscheinlich, dass Sardinien in der Lage ist, besser als der italienische Durchschnitt dazustehen. Aufgrund der vorhandenen Strukturschwächen, ist Sardinien nicht in der Lage einen ähnlich gearteten Aufschwung zu nehmen wie andere europäische Staaten – allein aufgrund der direkten Abhängigkeit von der italienischen Binnennachfrage. Es gibt einige kleinere Anzeichen einer Erholung - allerdings ausschließlich aus dem Arbeitsmarkt kommend, dank einer positiven Dynamik des Dienstleistungssektors.
Die Entwicklung der regionalen Wirtschaft
"Ein relativ gemäßigter Abstieg auf eine tiefere wirtschaftliche Lagen ist relativ schmerzlos“. Mit diesem Satz kann man die Entwicklung des BIP pro Kopf von Sardinien im Jahr 2009 von "nur" 3,9% gegenüber von 5,2% des nationalen italienischen Durchschnitts vergleichen.
Ungeachtet einer vorsichtigeren neueren Schätzung der ISTAT (Anm. d. Ü: italienisches Amt für Statistik) werden die wirtschaftlichen Auswirkungen einer globalen Rezession auf Sardinien mittelfristig weniger schwerwiegend sein als auf das restliche Italien.
Das ist natürlich nur ein schwacher Trost, hinter dem dramatischen Bild, welches entsteht
wenn man die einzelnen Indikatoren im Bericht näher analysiert.
Die Verbrauchswerte pro Haushalt und pro Kopf fallen auf das Niveau von 1999 zurück, mit einem jährlichen Rückgang in den letzten fünf Jahren von jeweils 0,8%, was im Wesentlichen auch dem italienischen Durchschnitt entspricht. Der Trend dieser Entwicklung wurde in Sardinien bereits erwartet, so dass in 2009 der Rückgang relativ gering war (1,5 % des BIP und damit deutlich unter dem italienischen Durchschnitt von -2,6 % und einem Rückgang im Mezzogiorno (Süditalien) von -3%.
Für Sardinien weisen die Wirtschaftszahlen gegen Ende des Jahres 2009 die höchste Leistung aus und die Produktivität stieg in den Jahren 2006-2008 kontinuierlich; lediglich in 2009 mußte man einen leichten Rückgang von 0,7% notieren. Diese Zahlen drücken insgesamt einen Anstieg der Gesamtproduktivität Sardiniens bis Ende 2008 aus. Im Jahre 2009 ist vor allen Dingen eine indirekte Wirkung durch einen starken Einbruch im Arbeitsmarkt entstanden, von dem ca. 20.000 Beschäftigte betroffen waren. Dies traf Sardinien insoweit jedenfalls weitaus stärker als den Rest Italiens.