Hallo zusammen,
bin seit ein paar Tagen wieder zurück - wir hatten eine tolle Zeit auf Sardinien, hat auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht. Ich war mit meiner Freundin unterwegs, die hat mich noch auf der Rückfahrt gefragt wann wir das nächste Mal nach Sardinien fahren..
Hier wie versprochen ein kleiner Bericht:
Wir haben uns den kleinen Wanderführer von Benjamin Flad zum Sentiero Italia eingepackt (danke nochmal an leerotor für den Hinweis)
Los ging es ganz im Norden der Gallura in Santa Teresa; über Luogosanto, Santa Antonio und den Monte Limbara sind wir in 6 Tagen nach Berchidda gewandert und haben uns vor der Rückreise noch einen Strandtag in Pittulongu (Olbia) gegönnt. So früh im Jahr war ich auch noch selten im Meer baden..
Zu Beginn hat uns das Wetter etwas zugesetzt, die erste Nacht nach einem noch recht gemütlichen Wandertag wollten wir am Strand zelten, leider blies uns ein Gewitter das Zelt um die Ohren.. Der Wind hat sich zum Glück aber nach einiger Zeit wieder gelegt, sodass wir die Nacht unbeschadet überstanden haben und auch keine Hilfe holen mussten.
Der zweite Tag begrüßte uns mit Sonnenschein, nach kurzer Zeit fing es jedoch leicht zu regnen an und hörte nur zur Mittagspause kurz auf. Danach legte es dafür so richtig los, starker Dauerregen. Bisher waren wir noch guten Mutes vorangegangen, jetzt suchten wir doch etwas ratlos Schutz unter einem Baum am Straßenrand. Ein Polizeiauto mit zwei Carabinieri fuhr an uns vorbei, die uns leicht verwundert anschauten. Fünf Minuten später kamen sie zurück, kurbelten das Fenster herunter und boten an, uns ins nächste Dorf mitzunehmen (obwohl sowas eigentlich nicht erlaubt sei). Die Versuchung war zu groß, also zwängten wir uns völlig durchnässt mitsamt unseren Rucksäcken auf die Rückbank des Kleinwagens und wunderten uns, wie freundlich sogar Polizisten auf Sardinien sind. In einem Café konnten wir uns danach aufwärmen und waren froh, das Angebot angenommen zu haben, weil es den ganzen Nachmittag weiterhin stark regnete - so macht das Wandern ja auch keinen Spaß mehr. Erst gegen Abend wurde es weniger und wir konnten unser Nachtlager in der Nähe des Dorfes auf einem Hügel (mit Kapelle und toller Aussicht) aufschlagen.
Am Morgen des dritten Tages kamen wir auf die grandiose Idee, nicht wieder zurück ins Dorf zu gehen, um die Wanderung von dort fortzusetzen, sondern von unserem Campplatz aus eine kleine Abkürzung zu nehmen und später auf den eigentlichen Weg zu stoßen. Auf der kleinen Karte im Wanderführer sah das gut machbar aus. Just in dem Moment kam der betagte Eigentümer des Grundstückes, das wir dafür durchqueren mussten, in einem herrlichen alten roten Fiat 500 angetuckert. Sehr freundlich und wortreich erklärte er meiner Freundin den Weg (im Gegensatz zu mir spricht sie italienisch) und zeigte uns, über welches Gatter wir klettern mussten. Optimistisch wanderten wir also los, bis nach einiger Zeit der Weg immer undeutlicher wurde und mehrere Kreuzungen Verwirrung stifteten (die Wegerklärung, die mir so ausführlich vorgekommen war, hatte anscheinend wenig Substanz gehabt - die einzige wirkliche Anweisung war: "immer rechts halten, ihr müsst auf die andere Seite von diesem Hügel" und die half uns irgendwann auch nicht mehr weiter). Wir kämpften uns tapfer durchs Gebüsch, bis wir irgendwann in keine Richtung mehr vorankamen, drehten um, probierten einen anderen Abzweig, der nach einem Kilometer auch im Nirgendwo endete und mussten uns nach gut zwei Stunden endlich eingestehen, dass wir den richtigen Weg nicht finden würden, falls er denn überhaupt existierte. Also Kommando zurück, zurück auf den Hügel, auf dem wir gecampt hatten, zurück ins Dorf und dann (es war inzwischen bereits Mittag) endlich auf den eigentlichen Weg starten. Das war wohl die Rache für die Kilometer, die wir uns am Vortag erspart hatten... Der Rest des Tages war dafür sehr schön, sowohl landschaftlich als auch wettertechnisch, und am Abend campten wir an einem schönen Fleck in der Nähe eines "Agriturismo", deren Besitzer uns unsere Wasservorräte auffüllen ließen.
Tag vier verlief im Vergleich zu den bisherigen Tagen erstaunlich gut - wir überquerten trockenen Fußes den Liscia-Fluss, ließen uns nur kurz von einem riesigen Eisentor mit Kamera irritieren, das uns plötzlich unerwartet den Weg versperrte und legten recht viele Kilometer zurück, um unseren Rückstand vom vorigen Tag wieder aufzuholen. Wir kamen an einem stillgelegten Granit-Steinbruch vorbei, bei dem immer noch die riesigen Granitblöcke kreuz und quer wie die Legosteine eines Riesen herumlagen und durchquerten idyllische Korkeichen- und Olivenbaumhaine.
Am fünften Tag ging es dann bergauf auf den Monte Limbara, das höchste Gebirgsmassiv Nordsardiniens. Zum Glück waren unsere Rucksäcke inzwischen durch den bereits verbrauchten Proviant schon deutlich leichter geworden
An diesem Tag begegneten wir nur einem einzigen Menschen. Die Nacht wollten wir auf über 1000 Hm in der Nähe einiger alter Steinhöhlen (sard. "grotte") verbringen, die durch riesige, durcheinandergewürfelte Felsblöcke entstanden waren und den Menschen wohl schon seit Urzeiten Schutz boten - zuletzt bis in die 70er den Hirten, die die Höhlen mit Steinmauern verbessert hatten. Nachdem uns an diesem Abend ein unerbittlicher Wind begrüßte, beschlossen auch wir recht schnell, es ihnen gleichzutun und suchten uns eine der Höhlen aus. Wir machten drinnen ein kleines Lagerfeuer, das war sehr gemütlich - diese "urtümliche" Übernachtung war für mich einer der Höhepunkte der Tour.
Tag sechs führte uns noch ein Stück durch das Gebirge zum höchsten Punkt der Tour, dicke Wolken vermiesten uns aber die Aussicht (wo uns der Wanderführer doch "allermeistens strahlend blauen Himmel" versprochen hatte!) Ab jetzt ging es hauptsächlich bergabwärts, bis wir durch ein hübsches Tal schließlich in Berchidda ankamen und unsere Wanderung erschöpft, mit schmerzenden Füßen, aber glücklich beendeten. Auf die letzte Etappe der Route (Berchidda-Monti) verzichteten wir zugunsten eines sehr entspannten und sonnigen Tages am Strand bei Olbia.
Zusammenfassend kann ich die Wanderung durchaus weiterempfehlen - grade für eher unerfahrene Wanderer bietet sie ein gute Mischung aus Zivilisation (viele kleine Dörfer auf dem Weg) und Natur. Besonders der Abschnitt Santa Antonio - Berchidda hat uns sehr gefallen. Das Büchlein von Benjamin Flad ist schön geschrieben, bietet viele Zusatzinfos und eine ausführliche Wegbeschreibung (wir konnten den Weg meist mehr oder weniger problemlos finden, obwohl es keine Markierungen mehr gibt und wir keine andere Karte dabeihatten. Ganz wichtig aber: Die Updates auf der Website des Verlags beachten, seit dem Erscheinen des Buchs 2007 hat sich der Weg an einigen Stellen deutlich verändert). Geeignete Plätze zum Zelten und Brunnen gibt es ebenfalls reichlich. Einzig, dass die Route inzwischen zu gefühlten 90% über Teerstraßen und breite Sandpisten führt, ist auf Dauer etwas langweilig geworden.
Ich habe das Gefühl, dass es auf Sardinien noch so einiges zu entdecken gibt..