Salto di Quirra als Nuklear-Abfalllager im Gespräch
Aus diesem Anlaß, und weil ja manches zu schnell in Vergessebheit gerät, stelle ich hier noch einmal meinen Leserbrief an die "TAZ" vom Juli 2011 ein:

Die Ungeheuerlichkeiten von Salto di Quirra sind in Italien seit langem bekannt, aber immer wieder in Vergessenheit geraten bzw. totgeschwiegen worden. Die aktuelle Berichterstattung in den Medien ist die Folge der Anfang des Jahres auszugsweise bekannt gewordenen Ergebnisse aus dem Untersuchungsbericht der ASL (Azienda Sanitaria Locale), des lokalen staatlichen Gesundheitsdienstes von Lanusei und Cagliari (der Inselhauptstadt). Die sardische Zeitung „La Nuova“ titelte am 5.1.2011: „Quirra, die Geißel der Tumore – An Leukämie und Lymphknotenerkrankungen leiden 65 Prozent der Hirten“ und berichtet dann ausführlich: „Jetzt reicht es: Wir wollen die Wahrheit über Quirra (…). Die ersten Indiskretionen über die Resultate der Studie der ASL Cagliari und Lanusei eröffnen erneut den Fall. (…) Unter den Hirten, welche innerhalb des Truppenübungsplatzes Salto di Quirra leben und arbeiten sind (…) innerhalb der letzten 10 Jahre 65 Prozent an Leukämie und Lymphknotenerkrankungen erkrankt. Es handelt sich um Zahlen von enormer statistischer Dimension, die wieder ein Mal zurück zu führen sind auf die Experimentier- und Ausbildungsaktivitäten, welche im Inneren des Militärgebiets durchgeführt werden.(…) Es gibt noch eine andere Bestätigung: Die der beunruhigend hohen Zahl von mit schweren Deformationen geborenen Tieren (…) mit Nano-Partikeln von Schwermetall und Metallverbindungen, die in der Natur nicht vorkommen (…). Gleiche Ergebnisse zeigen die Untersuchungen, welche an der Bekleidung von an Tumoren erkrankten Militärs auf dem Balkan durchgeführt wurden. (…) Die Daten sind noch unvollständig und müssen durch die im Landstrich Perdasdefogu durchgeführten Erhebungen ergänzt werden“. „Quirra? Wie eine Nuklearzentrale" sagt Professor Mauro Cristaldi, Anatomie-Dozent an der römischen Uni La Sapienza. Er verfolgt seit Jahren den Fall der sardischen „Schießplätze“ und die damit zusammenhängende hohe Häufigkeit von Tumoren. Er sagte in einem Interview mit der "L'Unione Sarda" vom 9.3.2011 u.a.: Frage: Können die simulierten Kriege mit der Zeit gesundheitliche Schäden hervorrufen bei denen, die in Quirra wohnen und arbeiten? "Die sogenannten simulierten Kriege sind echte und tatsächliche militärische Übungen in denen die Waffen getestet werden, welche bei Nato-Missionen benutzt werden sollen". Frage: Sind das also Kriege bei denen nur die Toten fehlen? "Nein, es gibt auch Tote. Nach einigen Jahren treten, verursacht durch die Tests, Tumore und Leukämie auf". Es handele sich um die gleichen genetischen Anomalien, wie sie bei Tieren im Umfeld des AKW Garigliano festgestellt worden waren. Frage: Welche wissenschaftlichen Erklärungen gibt es dafür? "Diese Missbildungen ereignen sich in kontaminierten Zonen (...) durch radioaktive Substanzen oder (...) pulverisierte Metalle von Explosionen oder Verbrennungen". Frage: Kann festgestellt werden, ob an einem Ort angereichertes Uran benutzt worden ist? "Ja, z.B. durch Untersuchungen über die Zusammenhänge mit verschiedenen Isotopen des Uran, solchen, wie sie in der Natur vorkommen, und solchen durch Nuklearverbrennung und -anreicherung modifizierten", wie sie z.B. bei Schafen der Gegend in großer Quantität im Körper nachgewiesen worden seien. Frage: Die italienische Regierung hat stets die Verwendung angereicherten Urans bestritten. "Wir Wissenschaftler hingegen (...) halten das für höchstwahrscheinlich (wie in Somalia und im Kosovo, wie die USA zugegeben hätten ...). Jetzt sehen wir mal, was die Nato in Lybien benutzen wird". Frage: In Lybien? Ja, sicherlich. Auch dahin kommt der Krieg. Sie sind schon dabei, Ghaddafi zu dämonisieren, so, wie sie es mit Saddam gemacht haben, um eine militärische Intervention zu rechtfertigen" (das Interview wurde vor Beginn der Militäreinsätze gegen Lybien geführt). Inzwischen kommen immer neue Ungeheuerlichkeiten Fall Salto di Quirra ans Licht. Am 20.4.2011 berichtete „La Nuova Sardegna“: "Auf dem Truppenübungsplatz von Quirra wurde auch Napalm benutzt“. "Kontamination in Quirra (...) "375 Hektar des Militärübungsplatzes von Quirra sind auf einen Schlag beschlagnahmt worden (...) Es handelt sich um die Gebiete, in denen nach einem Zeugen - Ex-Wehrpflichtiger Mauro Artizzu im Jahr 1997 - und Dokumenten (...) des Generalstabs der Luftwaffe (...) es auch um Spuren von Napalm-Explosionen geht". "Mit der Beschlagnahme will die Staatsanwaltschaft von Lanusei Beweise sichern". "Morgen werden (...) die ersten drei Leichen (...) verdächtiger Todesfälle exhumiert. Sie stammen zum großen Teil von Viehzüchtern oder deren Angehörigen aus Quirra und Umgebung, welche an Tumoren gestorben sind (... ) Sie werden der Gerichtsmedinzin der Universität Mailand übergeben (...).
An den Kleidungsstücken der Toten gibt es Hinweise auf angereichertes Uran. "Morgen (...) findet ein anderes Experiment (..) zur Prüfung der Explosionsresistenz von Erdölleitungen statt (...) Die Auftraggeber, welche dem Experiment beiwohnen werden, kommen aus diesem Anlass aus China". Inzwischen hat die Ermittlungsrichterin von Lanusei auch alle 16 Radaranlagen auf dem Militärgelände beschlagnahmen lassen – wegen möglicher Strahlenschäden.
Dr. Günther Sander
Brunella (Sardinien)
 
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