Fauna Macchia-Katzen

bo-ju

Sehr aktives Mitglied
Peter (erwachen) hat von den streunenden Strandhunden erzählt und Georgie sorgt sich um die genau so herrenlosen Katzen Sardiniens.
Wildernde Katzen hat es auf der Insel mehr als Hunde. Aber sie können sich alleine ernähren und leben gut im Gebüsch. Bis auf ärztliche Versorgung. Die lässt natürlich zu wünschen übrig.

Deswegen auch meine Warnung: Empfindliche Menschen sollten die Geschichte meiner Katzenfamilie nicht lesen. Es könnte ihnen schwerfallen Natur nicht als grausam zu bezeichnen. Natur ist nicht grausam, sondern nur gleichgültig.

Unser Garten in Calasetta besteht nur aus Gebüsch mit einigen ausgeschnittenen Spazierwegen. Kurz nachdem wir dort eingezogen waren und es uns gemütlich gemacht hatten mit Faulenzen sassen plötzlich auf einem Steinhaufen 2 Katzen: eine reinrassige Khmer, beige mit dunkelbraunen Extremitäten und eine grau-gestreifte, Typ Strassenkatze. Bei scharfem Hinsehen verschwanden sie lautlos. Das ging so ein paar Tage, dann gewann die Neugier der Tiere die Oberhand, vielleicht zog sie auch der Geruch der geöffneten Futterdosen an. Wir wurden als ungefährlich eingestuft und begutachtet. Dabei sah ich, dass der rechte Vorderfuß der Großen nur noch an einer Sehne herunterhing und die Katze dauernd versuchte diese durchzubeißen. Im Laufe der Zeit gelang ihr das. Sie lief fortan rechts vorne auf dem blanken Knochen ohne Probleme oder gar zu hinken. Ihre kleinere grau getigerte Tochter war immer an ihrer Seite. Offenbar hatte sie ihrer Mutter ständig geholfen, denn beide waren gut genährt. Schlank aber mit glattem Fell. Unser Dosenfutter würde höflich, aber ohne große Begeisterung vertilgt. Jahre später erfuhr ich, warum.
Es spielte sich ein: Sie hörten unseren Motor und nach einigen Stunden waren sie beide da. Sie ließen sich verwöhnen, spielten anschmiegsame Hauskatzen, sie machten bei uns einfach Urlaub von ihrer zeitaufwendigen Nahrungssuche.
Schon komisch, wie Tiere schon 3 Tage vorher merken, wenn jemand wegfährt. Wir wurden genauestens beobachtet, und als wir abfuhren, WOLLTEN SIE MIT! Es hat mir schier das Herz zerrissen abzufahren und sie allein zurückzulassen. Ich dachte, sie verhungrten ohne uns.Von wegen. Ein halbes Jahr später warteten sie schon auf uns, schlank aber durchaus nicht verhungert.

Fortsetzung morgen.
 
Och wie süß, ist ja wie bei uns.
Die Katzen haben sich genauso wenig verändert wie die Geschichten um sie. Haben nun schon im 2ten Jahr unser Dreierrudel. Das Erste ebenfalls Dreierrudel wurde warscheinlich vergiftet. Aber Katzen haben ja sieben Leben also.........alle Jahre wieder...
 
Es gab genug Futter überall: Ratten, Mäuse, Eidechsen, Schlangen. Die Katzen hatten es nicht einmal nötig ihre Kräfte sinnlos zum Vogelfang einzusetzen. Vogelfedern sah ich nie rumliegen, dafür aber mal eine halb aufgefressene Ratte. Säuberlich mittendurch. (Logisch: wir würden auch kein Wildschwein auf einmal runterkriegen. Das konnte nur Obelix).
Es war so einfach: Katze döste im Schatten. Es erschien Eidechse, Katze öffnete ein Auge, ein Tatzenhieb ohne aufzustehen und die Vesper war bereit.

Dreifuß wurde "Principessa" genannt, denn sie war die Alpha-Mutter, wie sich herausstellte. Spielten die Jungen zu lästig um sie herum, genügte ein Kopfheben und strenges in die Runde blicken von ihr. Augenblicklich war Ruhe.

Beide Katzen (Principessas Tochter nannten wir "Pina") hatten oft Junge. Merkwürdigerweise immer nur 2. Bin nie dahintergekommen, wie diese Geburtenkontrolle vor sich ging. Waren die Jungen groß, verschwanden sie für immer. Wohin? Keine Ahnung. Die Macchia ist groß.

Es fällt mir immer noch schwer zu glauben, dass Tiere nicht spielen, wie die Wissenschaft behauptet. Wenn unsere Katzen ihren 5-Minuten-Rappel am Tag hatten, geschah es schon mal, dass auch die Dreifüssige aus dem Stand senkrecht den hölzernen Stützpfeiler der Hütte hochtobte, den Kopf drehte wie um zu sagen: "schaut, was ich noch kann" und wieder runter rutschte. Jagdübung? Schwer zu glauben. Sah mir eher nach purer Lebensfreude aus.

Die VW-Tür blieb tagsüber offen. Viel zu lästig, ständig das Wam-wam-wam der Mitteltür zu ertragen. Eintritt für Katzen verboten. Alle ließen sich durch mein Fauchen, wenn sie rein wollten, davon überzeugen. Nur Pr. sah nicht ein, dass sie als Königin nicht wissen durfte, wie ihre Untertanen (wir) nächtigten. Waren wir im Bus, stand sie anklagend vor der offenen Tür, bis sie mich eines Tages weich hatte. Kurzer Blick meinerseits in die Runde: sieht keiner. Na hopp, komm rein! Ein Sprung und sie inspizierte unseren Bus bis in den letzten Winkel. Neugier gestillt, setzte sie sich auf Pauls Schoß, der grade Kaffe trank und blickte mit einem derart hochmütige Gesicht in sie Runde, dass ich vor Lachen fast das Bild verwackelt hätte. (Schade, dass man hier keine Papierbilder einstellen kann). Danach bestand für sie keine Notwendigkeit mehr unseren Bus zu betreten.

Eines Tages kam der Vater aller Jungkatzen vorbei. Stark, groß, graugetigert. "Pallone". Gewöhnte sich ganz selbstverständlich an Frühstück und Abendessen aus der Dose. (Wie gut, dass sardische Supermärkte eine große Auswahl an Katzenfutter haben.) Nur wenn die Damen Junge mitgebracht hatten, traute er sich nicht näher. Sah mich nur schüchtern an: Mensch, ich kann doch nicht näher kommen, die Weiber zerreissen mich sonst in der Luft. Was sie wohl auch getan hätten. Also fraß Pallone ausser Sicht um die Hausecke. Manchmal hatten wir 7 Katzen zum Frühstück: 3 Erwachsene und 4 Junge.

Fortsetzung morgen.
 
Junge Katzen kann man schnell handzahm kriegen. Wenn sie neugierig das erste mal bei Mutter mitnaschen am Tellerchen, streiche man ihnen ein mal über den Rücken. Sie springen vor Entsetzen weg. 2. Versuch: Essen riecht gut, Kind mampft, das leichte Streicheln bewirkt nur noch Rückenzucken. Beim 3. Streicheln (bei Spätzündern dauerts etwas länger) hat das Kind gelernt, dass keine Gefahr besteht. Von da an bis zum GESTREICHELT WERDEN WOLLEN ist nur ein kleiner Schritt.

Pallone kam nie allein auf den Schoss. Das war unter seiner Würde. Aber nach dem Essen stand er rechts neben Pauls Stuhl und sah ihm so lange intensiv ins Gesicht, Bis dieser ihn hochhob. Danach machten sie beide zufrieden ein Schläfchen. Aber P.`s Wachsamkeit liess nie nach. In nächtlicher Dunkelheit liess der Nachbarrivale seinen Kampfschrei ertönen, P. sauste sofort vom Schoß um für Ordnung im Revier zu sorgen.

Eines Tages ging ich Zeitung holen zum Camping Tonnara. Auf der weissen Strasse am Meer lag P. mitten auf der Strasse, zwar mit erhobenem Kopf, aber sichtlich durcheinander. Neben ihm inspizierte ein Autofahrer seine Stoßstange und fluchte leise. Da er so offensichtl. schlecht gelaunt war, sprach ich ihn nicht an sondern dachte mir mein Teil. Nach 3 Tagen kam P. wieder, mit schiefem Gesicht und bei jedem Fressen lief ihm der Eiter aus der Backe. Das ging fast ein Jahr lang so, genauestens von uns beobachtet (der Tierarzt hätte da wenig machen können). Dann war er wieder heil und ganz der Alte.

Eines Sommertages lag Principessa im Schatten der Hütte u. säugte 4 Junge: 2 weisse u. 2 gestreifte. Knurrte ab und zu leise, aber ließ Pinas beide mittrinken. Pina war lange fort, 1 km dauert lange mit Katzenbeinen. Sie kam mit einem Riesen- Kotlett-Knochen, den sie Mühe hatte mit hocherhobenem Kopf zu tragen. Legte sich und ihre Beute zufrieden neben Princ. (Das Fleisch roch sehr, sehr gut. Sarden grillen, wie wir alle wissen, ausgezeichnet). Oben nagten die Großen , weiter unten tranken die Kleinen, jedes wieder bei der eigenen Mutter. Ein Bild des Friedens. So so, die Nachbarn kümmern sich also auch. Und deswegen schmeckt den Katzen zu Beginn unseres Urlaubs unser Dosenfutter so langweilig. Seitdem hatte ich keinerlei Angst mehr, unsere Lieben könnten verhungern.

Schluss morgen
 
Ach ja, kommt mir alles in geringfügiger Abwandlung bekannt vor. Aber Natur ist wie die Natur ist.
 
Eines Tages blieb Pallone weg. Später Principessa. Pina lebte am längsten.

Als wir 2010 ankamen, war keine Katze da. Ich machte mir Sorgen. Erst 4 Tage später kam Pina sehr langsam auf uns zu. Eigentlich sah sie aus wie immer. Sie aß ihr Näpfchen leer und wollte danach gestreichelt werden. Beim Hochnehmen sah ich die sechs Euro-großen Löcher, wo die Zitzen früher waren. Schock! Ich hatte sie gefüttert. Wenn das jetzt durchbrechen würde. Ganz langsam ließ ich sie auf den Boden zurück, wo sie friedlich liegen blieb.
Handy raus, Freundin in Carbonia angerufen. Leihst du mir bitte schnell deinen Katzentransportkorb und wann hat der Tierarzt Sprechstunde? Pina ließ sich ohne jeglichen Protest in den ihr unbekannten Transportkorb heben, nach Carbonia fahren und vom Tierarzt die Spritze geben. Sie muss wohl grausame Schmerzen gehabt haben.

Das war das Ende unserer Katzenfamilie. Der Garten kam mir sehr leer vor und machte keinen rechten Spass mehr.

Aber das Leben geht ja weiter. Ein Jahr später streunte ein schneeweisser Halbangorakater auf dem Gartenweg. Nase auf dem Boden sah er mich erst im letzten Moment, bevor er mit mir zusammenstieß. Ich hab noch nie eine Katze aus dem Stand so hoch springen sehen vor Schreck, sich drehen im Sprung und nichts wie weg.

Die nächste Gruppe streunt also durchs Revier. Falls jemand von euch um Cala Sapone rum weisse Katzen sieht, mache er sich keine Sorgen. Die kommen alleine zurecht. Vielleicht freuen sie sich in heissen trockenen Sommern über einen Topf Trinkwasser. Oder wenn die Ohrspitzen durch Sonnenbrand zu sehr gelitten haben (weisse Tiere kriegen leicht Sonnenbrand auf den Ohren, der sich entzünden kann), täte ein bisschen Antibiotikum-Salbe gut. Wenn man sie zu diesem Zweck einfangen könnte. Falls jemand den Ehrgeiz dazu hat und vielleicht Erfolg, würde ich mich über eine kurze Notiz freuen.

Die Israelis sagen: La chaim (auf das Leben). In diesem Sinne LG Ju
 
da habt ihr ja wirklich viel erlebt mit euren sardischen katzen.
wir haben von 1999 bis 2007 die katzen auch meistens einfach katzen sein lassen, ein paar reste, einen topf wasser, ein paar spiele mit den kindern, wenn die katzen lust hatten. aber 2007 kam so ein 6wöchiger fellhaufen zu uns, wich uns überhaupt nicht mehr von der seite, wenn wir da waren, und wartete ergeben, wenn wir weg waren. nach 3 wochen war klar: die hat uns adoptiert. und wir nahmen sie mit. sie ist schwarz mit rotbraunem einschlag, wenn die sonne scheint, ganz dickes und langes fell (anders als die hauskatzen hier). und nun thront sie majestätisch am liebsten auf dem ofen und beherrscht ihre welt. wir haben es nicht bereut, trotz anfänglichem familenmotto: keine haustiere (weil wir uns rational nie hätten einigen können). manchmal löst sich sowas eben ganz von alleine.

lg anke, die deine katzengeschichten mit genuss gelesen hat, auch wenn das ende ein wenig absehbar war...
 
Bo-Ju,

danke, wenn auch traurig.
Wir haben hier 4 Katzen. Ich möchte keine missen. Auch wenn sie ständig Wunden haben.

Günther
 
Hallo Anke,

Wir haben auch oft überlegt, ob wir eine oder zwei mit nach Deutschland nehmen sollten. Aber was hätten wir ihnen bieten können? So viel Freiheit wie in Sardinien bestimmt nicht, und unser Haus in D. ist umgeben von verkehrsreichen Strassen.
Eure schwarz-rot-braune würde ich zu gerne mal sehen. (Vielleicht in "Unterhaltung"?) LG Ju
 
Wir können uns garnicht wehren. 3 Katzen haben uns adoptiert. Ein Blick genügte und wir haben 3 "Kinder" mehr.

Wer keine Erfahrung mit Katzen hat, denkt dran, Hunde brauchen ein Herrchen und Katzen eine Herrschaft.

LG und viel Spaß

Dieter
 
hallo Ju,

ja, das können wir machen - wenn hier ein wenig ruhe einkehrt, krame ich nach fotos..

lg anke
 
Anzeige

Heutige Geburtstage

Top