Nach dieser Reise brauchte ich erstmal einige Wochen, um alles zu sortieren.

SARDINIEN! Das hatte ich mir vorher so ausgemalt. Das hatte sich bei meinen Recherchen hier im Forum konkretisiert. Und dort, auf dieser einzigartigen, wunderschönen Insel, bekam ich mehr, als ich mir jemals erträumt hätte.

Klar bin ich verliebt! Aber das hattet ihr mir hier vorher schon prophezeit. Ich wusste nur nicht, wie schön sich das anfühlt und wie ein unsichtbare Band geknüpft wurde, dass mich nun, hier im herbstlich dunklen Deutschland mit leisem Schmerz zurück zieht. Nach Hause! SARDEGNA!

Alles war perfekt. Nichts hat mich gestört. Alle negativen Anmerkungen, die ich vorher gelesen habe, haben sich nicht bewahrheitet.

Vielleicht hatte ich einfach nur Glück, vielleicht halfen mir die wenigen Jahre, die ich früher in Italien gelebt habe und meine Italienisch Kenntnisse, die besser waren, als ich selber geglaubt hatte. Ich war selber erstaunt, wie fröhlich ich immer los brabbelte, sobald sich die Gelegenheit bot.

Aber ich fange mal an. Nach vielen Jahren ohne Urlaub bot sich nun die Gelegenheit, das Septemberlicht im Süden für eine Foto- und Videoarbeit zu nutzen. Das lässt sich gut mit einigen Tagen Urlaub kombinieren, dachte ich mir. So forschte ich nach und Sardinien kam sehr schnell ins Gespräch. Naheliegend, weil die Insel so abwechslungsreich ist.

Wegen unserem Hund und auch wegen der prickelnden Abenteuerlust war die Entscheidung gegen Fliegen und für die Reise über die Alpen und das Meer schnell gefallen. Natürlich ganz unauffällig mit einem 12 Jahre alten Peugeot 306. Wir wollten ja auch mal kleine, enge Straßen befahren. :)

Mitte September an einem Freitag Vormittag ging es ab Berlin los. Euphorisch überquerten wir Abends noch die Alpen. Etwas hatte ich nicht bedacht: Nachts in Italien ein bezahlbares Hotel bekommen, wenn man einen Hund dabei hat, ist ziemlich unmöglich. So verbrachten wir – Eine Frau, ein Mann, ein Hund die erste Nacht im Auto auf einem Parkplatz irgendwo hinter Verona. Der Hund diente als Decke. Woanders passte er eh nicht hin.

In Livorno standen wir ziemlich unvorbereitet in knalliger Mittagssonne und warteten auf die verspätete Fähre. Ich will nicht viel darüber erzählen, wie die Abwicklung ist. Nur soviel: Ziemlich stressig und heiß. Dafür ist dann aber der Nachmittag und Abend an Deck ein Erlebnis – sofern man sich darauf einlässt. Es ist so ein erzwungenes „Dolce far niente“ mit Rucksacktouristen-Status, dem man sich nicht entziehen kann. Ansprüche darf man nicht stellen. Dann macht es riesigen Spaß. Wir sind mit Sardegna Ferries gereist, weil dort die Hunde an der Leine überall mit hin dürfen. Für Leute, die keine Hunde besitzen, ist das alles vielleicht etwas zu archaisch. Denn es gibt viele Hunde. Die heben wegen der Konkurrenz schon mal das Bein, knurren sich an, bellen... Was sie halt so machen. Aber das Personal ist top. Sobald ein Hund markiert, kommt sofort Jemand mit einem Wischeimer und macht alles weg, auch wenn man es selber machen möchte. Es gab auch für jeden Hund ein Begrüßungsleckerli. Alle reagieren sehr entspannt, schlafen, feiern, sitzen teilweise am Boden in Decken gehüllt, sprechen sich an. Hier kommt man sehr schnell ins Gespräch.

Zu spät, nach 23:00 kamen wir in Olbia an. Von unseren Vermietern hatte ich per Mail eine Wegbeschreibung bekommen und es war tatsächlich sehr einfach den Ort, wenige Kilometer vor San Teodoro, zu finden. „Ort“ ist vielleicht nicht die richtige Beschreibung. Es war eine Ansammlung von Ferienhäusern am Strand. Darum herum: Lagune, Schafe, Dünen, Mackia.

Die Vermieter warteten auf uns und begrüßten und froh, dass wir gut angekommen waren. Die Sympathie war bereits während unseres Mail-Austausches entstanden. So war es auch eine besondere Überraschung, dass wir in unserem zauberhaften kleinen Ferienhäuschen mit Garten, Kamin und vielen Büchern, ein Tablett mit Sardischen Dolci, eine Flasche Wein und etwas Essen für den nächsten Tag für uns vorfanden. Wir hatten natürlich auch etwas aus Deutschland als Geschenk mitgebracht.

Ab da lief alles wie im Traum: Perfektes Essen, auch in den Restaurants. Der schönste Strand, das klarste Meer, das beste Wetter. Das genialste Eis meines Lebens in San Teodoro. Die besten Geschmäcker aller Zeiten bei einem Agriturismo. Das leckerste Wasser der Welt aus Quellen oder alternativ „Smeraldina“. Die aromatischsten Kräuter direkt vor dem Haus gesammelt.

Die tollsten, besten, nettesten Italiener Italiens.

Die schönsten Autofahrten quer durchs Land. Z.B ins märchenhafte Alghero.

Schnell war klar: Hier gehören wir hin!

Das gefährlichste Abenteuer bei der Nuraghen-Suche: Auf einem hohen Felsblock hockend, von Maremani Hunden umzingelt, die Ihre Schafherde verteidigen wollten. Merke: Auch wenn keine Schafe zu sehen sind, sind sie doch plötzlich in Massen da. Bitte nicht nachmachen!

Und sonst: Fleisch über Myrte gegrillt, der Vollmond über dem Meer, feinster weißer Sand in allen Taschen und Schuhen, eine Schildkröte, ein Igel, Geckos, sehr viel gute Arbeit geschafft, lange Spaziergänge, Flamingos, Kirchen, Hühnengräber... und das ist nur ein Bruchteil. Es gibt noch soviel, was nicht sehen konnten.

Daher müssen wir zurück.

Meine Befürchtungen haben sich nicht erfüllt. Alle waren hingerissen von unserem Hund. Wir durften ihn auf Nachfrage immer mit ins Restaurant nehmen. Allerdings haben wir auch immer sehr höflich gefragt. Das Wasser aus der Leitung habe ich übrigens auch getrunken und mich gewundert, wie gut der Müll getrennt wird. Insgesamt war alles sehr sauber und die Italiener, mit denen ich sprach, schimpften (liebevoll) auf die Touristen, die manchmal ihren Müll überall entsorgen.

Das Einzige, was ich wirklich uninteressant und seelenlos fand, war Porto Cervo. Aber das ist wohl auch nicht wirklich Sardinien.

Die Insel hat mich erstaunt. Ich hätte nie gedacht, dass dieser Ort so mystisch ist. Jeden Tag sah ich lange auf unseren Berg, die Insel Tavolara, und zu jeder Tageszeit zeigte er sich leicht verändert. Wie ein Geheimnis, dass von mir entschlüsselt werden wollte, um sich kurz vor der Auflösung zurückzuziehen und sich später in neuem Kleid zu zeigen

Manchmal fragte ich mich, ob J.R.R. Tolkien hier wohl mal gestandet ist und und in einem der kleinen runden sardischen Häuser seine Inspirationen sammelte.

Wir werden das tun. Und wir sind uns einig: Wir kommen wieder und werden irgendwann auch unser Haus zum Leben in Sardinien finden.

Es ist eine ruhige und unaufgeregte Liebe, aber sie fühlt sich warm, stabil und wie ein kleiner, prickelnder Sonnenstrahl an, der Morgens durch einen Spalt der sardischen Fensterläden den Weg auf die Bettlaken findet... Ich muss lächeln, wenn ich daran denke.
SARDEGNA!

Salve + Grüße
Claudia

PS
Natürlich weiß ich, dass nicht alles so gülden und romantisch ist, wie ich es erlebt habe und dass Italien es gerade jetzt sehr schwer hat. Aber ich bin dankbar, dass ich so ein glücklicher Gast sein durfte in meinem Lieblingsland und auf meiner neuen Lieblingsinsel.

Ich habe auch Fotos für Euch eingestellt.
 
Der Inselzauber hat dich voll und ganz erfasst.
Gefühlvoller kann man die Liebe zu Sardinien nicht beschreiben.....
heart.gif
 
Hey..du solltest unbedingt Bücher schreiben. Obwohl ich hier wohne hat es mir durch deine schöne schreibweise verdeutlicht, wie glücklich ich sein kann hier leben zu dürfen. Ich kann es mir zur Zeit ( trotz Krise ) nicht vorstellen , nach Deutschland zurück zu gehen. Vielleicht trift man sich ja mal ....Liebe Grüße von der Insel, monica ;)
 
Genau so fühlt es sich an !
Vielen lieben Dank für diesen stimmungsvollen Bericht . Ich kenne es, dieses bestimmte Lächeln, wenn man sich erinnert.....
und da ist es wieder ......
 
@Claudia eine wunderschöne Liebeserklärung.
Auch ich kann mir nicht mehr Vorstellen von hier wegzugehen.

Bea2
 
Danke für Euren schönen Worte. Ich habe heute schon mal - so zum Zeitvertreib ;-) - nach Flügen gegoogelt. Außerdem schaue ich mir auch schon Immobilien an. Das kommt zwar erst in 2-3 Jahren in Frage, aber gucken und Träumen kann man ja schon mal.
 
Ciao Claudia,

Dein Bericht liest sich wunderbar! Ich habe richtig Gänsehaut bekommen und mitgefühlt! Diese Liebe zur Insel, die uns alle gepackt hat, kann man nicht schöner umschreiben!

LG

Renate
 
Liebe Claudia,
erst mal möchte ich wissen ,was das auf deinem Foto ist?Ein Briefbeschwerer?

Wenn dich auch der Westen interessiert,schau mal bei uns vorbei,um dir Häuser anzuschauen.
Ich glaube in 2-3 Jahren gehen die Zinsen in Deutschland wieder in die Höhe.
So niedrig wie im Moment waren sie noch nie.
Vielleicht kannst du dir deinen Traum ja schon jetzt erfüllen.
Wir leben ganzjährig in Magomadas oberhalb von Bosa.
Für mich das freundlichste und bunteste Städtchen der Insel.

kraus.italia@googlemail.com

Tanti saluti
Bea2
 

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Liebe Bea,

Das Bild ist leider kein Briefbeschwerer :) ... (Hätte ich gerne) . es ist eine Grafik, die ich selber gemacht habe. Ich arbeite viel mit Photoshop und da kommen manchmal so ulkige Dinge bei raus.

Wenn Du mich fragst: ich würde lieber jetzt sofort ein Haus kaufen. Aber das ist jetzt einfach noch nicht drin. Ich geb aber mein Bestes :)
Liebe Grüße
Claudia
 
... was für eine schöne Liebeserklärung...


Joo.......das sehen wir auch so.........ganz "großes Kino" Claudia.......toll geschrieben.......vielen Dank dafür
:)

Gibt es evtl. auch noch ein paar schöne Fotos dazu........ ?
:rolleyes:

Herbstliche Küstengrüße vom Jadebusen

Kerli und Lia.......die wirklich täglich an Sardinien denken müssen......
:cool:
 
Ja, Sardinien ist echt ein Traum, für mich zumindest. Und das gute ist, man kann Urlaub auf Sardinien von April bis Oktober machen. Ich war zum Beispiel das letzte Mal Ende September auf Olbia und es war sehr warm und das baden war einfach herrlich. genauso war der Blick vom unseren Hoten aufs Meer [] Schön nicht? Und im Mai möchte ich noch mal hin... Mit meinen Eltern, meinem Bruder und seiner Freundin. )) Freue mich schon! bis bald
 
Habe soeben beim "stöbern" deinen Reisebericht gelesen und mich gefreut, dass es dir so geht wie mir/uns. Bereits vor über 30 Jahren lebten wir mit Kind einige Jahre in Sardinien. Weißt du was für uns heute noch das Schönste ist?
Ganz früh am Morgen, die Luft ist noch feucht und kühl, mit der Fähre in einen Hafen einlaufen, - wenn sich die Schiffstüren öffnen, dann liegt ein unbeschreiblicher, würziger Duft der Macchia über dem Meer. Dann weißt du das du jetzt zuhause bist, hast Pippi in den Augen.
 
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