Wir gingen von Oliena aus. In einem kleinen Alimentari hatten wir uns noch etwas Verpflegung besorgt. Heimische Produkte , Obst, frisches Brot und jeder 3 Liter Wasser.
Es war später Vormittag und viele Gassen lagen noch im Schatten. Eine Tür stand offen und wir waren neugierig. Es war das einzigste Mal, das ich zusehen konnte, wie Frauen hauchdünnes Pane Carasau backen.
Etwas weiter waren wir wieder neugierig. Diesmal waren es ein paar Männer und ein paar Fässer, voll mit Rotwein. Nach einer kleinen Weinverköstigung ging es dann mit schweren Beinen endlich los. Jeder von uns 2 Liter Wasser und 1 Liter Wein.
Mittlerweile hatte die Sonne ihren höchsten Stand erreicht. Es war heiß, und der Aufstieg Richtung Punta Corrasi war schweißtreibend. Oben angekommen bot sich uns ein fantastischer Rundblick. Der Riu Flumineddu hat sich eine tiefe Schlucht durch das poröse Kalkgestein des Supramonte gegraben. Die Schlucht von oben nach unten zu begehen, das war unser Vorhaben.
Kurz vor Sonnenuntergang schlugen wir unser Nachtlager auf. Unterhalb von weitausladenden Ästen einer majestätischen Steineiche. Langsam verschwand die Sonne hinter unzähligen Bergketten. Wir entzündeten ein kleines Feuer. Ich glaube, dort oben in der Einsamkeit der sardischen Bergwelt, habe ich es das erste mal verspürt. Den Wunsch, eins zu werden mit dieser Urlandschaft. Der Rotwein tat sein übriges.
Am nächsten Morgen gingen wir ohne frohen Mutes weiter. Wir hatten noch einen Schluck Wasser, einen schweren Kopf und Durst, viel Durst.
Gegen Mittag erblickten wir von weitem die Häuser von Orgosolo, jedoch kein Wasser. Wir wussten nicht mehr weiter und wo wir waren wussten wir auch nicht mehr. Wir gingen weiter südwärts. Bis plötzlich vor uns ein Mann in olivgrün, mit sonnengegerbten Gesicht vor uns stand. Soldat? Jäger? Bandit? Der Lauf seines Gewehres war auf mich gerichtet. Ihm wurde schnell bewusst das wir Ausländer am Verdursten sind. Er redete etwas in sein Funkgerät und meinte wir sollten mitkommen. Was wir auch taten. Er rannte und bewegte sich wie eine Bergziege. Er spielte mit dem Gelände. Wir keuchend hinterher, vorbei an Spalten und Schlünden. Bis zu jener Stelle, an der auf einer Decke ein wahres Festmahl angerichtet war. Wie im Paradies. Wasser so viel wir wollten. Wein, Käse, Oliven, Brot und Speck. Obst und…und…und. Es war überwältigend. Dann gab es noch einen selbstgebrannten Grappa, sie zeigten uns noch die Richtung, wie wir in die Schlucht kämen und unsere Wege trennten sich. Der Tag neigte sich schon wieder zu Ende. Wir waren müde, aber zufrieden.
Tags darauf suchten wir einen Abstieg in die Schlucht. Es war ein sonniger Morgen, wir hatten genügend Wasser, aber außer 2 Dosen Thunfisch nichts mehr zu Essen. Wir hatten vergessen unseren Proviant gut verpackt in einen Baum zu hängen. Ich glaube es waren die glücklich dreinschauenden Wildschweine, die grunzend im Gebüsch umherliefen und anscheinend immer noch nicht satt waren.
Etwas östlich von Campu de su Disterru kamen wir in ein Wäldchen und dann ging es steil bergab. Und endlich, nach 2 Tagen haben wir unser erstes Ziel erreicht. Vorbei an teils haushohen Felsklötzen ging es über Kies und Schotter. Wir umgingen Tümpel. Das Wasser , mal klar, mal dunkelgrün. Wie lange wohl brauchte das Wasser, dieses tiefe und schroffe Tal durch den Supramonte entstehen zu lassen. Es war angenehm, so dahin zu marschieren. Die Hitze schwand.
Mittlerweile versteckte sich die Sonne hinter dunklen Wolken. Wir ereichten den Lago Sifone. Wir standen in einer schmalen Rinne. Die Felswände ragten senkrecht in den Himmel. Wir blickten etwas verstört in die Tiefe. Dort herrschte eine bedrohliche Dunkelheit. Es war kalt. Unter uns nur Wasser. Wir mußten also, um weiter zu kommen da runter, etwa 8 Meter, durch den See schwimmen und weiter vorne über die Felsbrocken klettern. Dummerweise fing es an leicht zu regnen. Unser Seil war zu kurz, um sich vernünftig abseilen zu können. Wir entschlossen uns zu springen. Zuerst ich. Gott sei Dank, es war tief genug, aber eiskalt. Die Rucksäcke, obwohl sehr schwer, schwammen ganz gut. Die Bekleidung packten wir in Plastiktüten. Unsere Schuhe hielten wir über Wasser. So überwanden wir nach und nach diese spektakuläre Schlüsselstelle.
Dort, wo sich die Schlucht kurzzeitig etwas öffnete, fanden wir eine Stelle zum übernachten. Wir waren erschöpft, fanden aber keine Ruhe. Lichtfetzen von Blitzen ließen immer wieder den dunklen Nachthimmel hell erleuchten, begleitet durch die monotonen Laute eines Waldkauzes. Was, wenn sich das trockene Flußbett in einen reißenden Sturzbach verwandelt?
Irgendwann wurde es hell. Der Himmel war blau. So ging es weiter durch eine märchenhafte Welt. Durch Kluft und Klamm. Dem Suchen und Finden von passierbaren Wegstrecken. Dem Durchschwimmen von kleinen und großen Gumpen. Von leichten und schweren Kletterpassagen und Abseilstellen. Atemberaubende Wildnis. Wir erreichten den Durchbruch der Gola de Goroppu . Unvergesslich schön. Dahinter begrüßte uns ein friedliches Tal. Mit Oleander und Erdbeerbäumen, einem ruhigen Bachlauf und die Gewissheit, es geschafft zu haben. Dachten wir.
Wir wussten von einem Weg, der uns bequem durch das weite Tal von Oddeone bringen würde. Wir gingen zu lange den Bachlauf entlang, hielten uns dann rechts am Hang statt links und verirrten uns in der dornigen, mannshohen Macchia.
Am späten Abend erreichten wir dann doch noch Dorgali. In der erstbesten Bar bestellten wir uns ein großes Bier. Etwa 30 ungläubige Augen auf uns gerichtet. Es muß ein trostloser Anblick gewesen sein. Unsere Kleidung war zerfetzt. Wir waren zerschunden, zerkratzt und zerschürft. Aber wir waren glücklich. Tom www.sardinien-tom.com
Es war später Vormittag und viele Gassen lagen noch im Schatten. Eine Tür stand offen und wir waren neugierig. Es war das einzigste Mal, das ich zusehen konnte, wie Frauen hauchdünnes Pane Carasau backen.
Etwas weiter waren wir wieder neugierig. Diesmal waren es ein paar Männer und ein paar Fässer, voll mit Rotwein. Nach einer kleinen Weinverköstigung ging es dann mit schweren Beinen endlich los. Jeder von uns 2 Liter Wasser und 1 Liter Wein.
Mittlerweile hatte die Sonne ihren höchsten Stand erreicht. Es war heiß, und der Aufstieg Richtung Punta Corrasi war schweißtreibend. Oben angekommen bot sich uns ein fantastischer Rundblick. Der Riu Flumineddu hat sich eine tiefe Schlucht durch das poröse Kalkgestein des Supramonte gegraben. Die Schlucht von oben nach unten zu begehen, das war unser Vorhaben.
Kurz vor Sonnenuntergang schlugen wir unser Nachtlager auf. Unterhalb von weitausladenden Ästen einer majestätischen Steineiche. Langsam verschwand die Sonne hinter unzähligen Bergketten. Wir entzündeten ein kleines Feuer. Ich glaube, dort oben in der Einsamkeit der sardischen Bergwelt, habe ich es das erste mal verspürt. Den Wunsch, eins zu werden mit dieser Urlandschaft. Der Rotwein tat sein übriges.
Am nächsten Morgen gingen wir ohne frohen Mutes weiter. Wir hatten noch einen Schluck Wasser, einen schweren Kopf und Durst, viel Durst.
Gegen Mittag erblickten wir von weitem die Häuser von Orgosolo, jedoch kein Wasser. Wir wussten nicht mehr weiter und wo wir waren wussten wir auch nicht mehr. Wir gingen weiter südwärts. Bis plötzlich vor uns ein Mann in olivgrün, mit sonnengegerbten Gesicht vor uns stand. Soldat? Jäger? Bandit? Der Lauf seines Gewehres war auf mich gerichtet. Ihm wurde schnell bewusst das wir Ausländer am Verdursten sind. Er redete etwas in sein Funkgerät und meinte wir sollten mitkommen. Was wir auch taten. Er rannte und bewegte sich wie eine Bergziege. Er spielte mit dem Gelände. Wir keuchend hinterher, vorbei an Spalten und Schlünden. Bis zu jener Stelle, an der auf einer Decke ein wahres Festmahl angerichtet war. Wie im Paradies. Wasser so viel wir wollten. Wein, Käse, Oliven, Brot und Speck. Obst und…und…und. Es war überwältigend. Dann gab es noch einen selbstgebrannten Grappa, sie zeigten uns noch die Richtung, wie wir in die Schlucht kämen und unsere Wege trennten sich. Der Tag neigte sich schon wieder zu Ende. Wir waren müde, aber zufrieden.
Tags darauf suchten wir einen Abstieg in die Schlucht. Es war ein sonniger Morgen, wir hatten genügend Wasser, aber außer 2 Dosen Thunfisch nichts mehr zu Essen. Wir hatten vergessen unseren Proviant gut verpackt in einen Baum zu hängen. Ich glaube es waren die glücklich dreinschauenden Wildschweine, die grunzend im Gebüsch umherliefen und anscheinend immer noch nicht satt waren.
Etwas östlich von Campu de su Disterru kamen wir in ein Wäldchen und dann ging es steil bergab. Und endlich, nach 2 Tagen haben wir unser erstes Ziel erreicht. Vorbei an teils haushohen Felsklötzen ging es über Kies und Schotter. Wir umgingen Tümpel. Das Wasser , mal klar, mal dunkelgrün. Wie lange wohl brauchte das Wasser, dieses tiefe und schroffe Tal durch den Supramonte entstehen zu lassen. Es war angenehm, so dahin zu marschieren. Die Hitze schwand.
Mittlerweile versteckte sich die Sonne hinter dunklen Wolken. Wir ereichten den Lago Sifone. Wir standen in einer schmalen Rinne. Die Felswände ragten senkrecht in den Himmel. Wir blickten etwas verstört in die Tiefe. Dort herrschte eine bedrohliche Dunkelheit. Es war kalt. Unter uns nur Wasser. Wir mußten also, um weiter zu kommen da runter, etwa 8 Meter, durch den See schwimmen und weiter vorne über die Felsbrocken klettern. Dummerweise fing es an leicht zu regnen. Unser Seil war zu kurz, um sich vernünftig abseilen zu können. Wir entschlossen uns zu springen. Zuerst ich. Gott sei Dank, es war tief genug, aber eiskalt. Die Rucksäcke, obwohl sehr schwer, schwammen ganz gut. Die Bekleidung packten wir in Plastiktüten. Unsere Schuhe hielten wir über Wasser. So überwanden wir nach und nach diese spektakuläre Schlüsselstelle.
Dort, wo sich die Schlucht kurzzeitig etwas öffnete, fanden wir eine Stelle zum übernachten. Wir waren erschöpft, fanden aber keine Ruhe. Lichtfetzen von Blitzen ließen immer wieder den dunklen Nachthimmel hell erleuchten, begleitet durch die monotonen Laute eines Waldkauzes. Was, wenn sich das trockene Flußbett in einen reißenden Sturzbach verwandelt?
Irgendwann wurde es hell. Der Himmel war blau. So ging es weiter durch eine märchenhafte Welt. Durch Kluft und Klamm. Dem Suchen und Finden von passierbaren Wegstrecken. Dem Durchschwimmen von kleinen und großen Gumpen. Von leichten und schweren Kletterpassagen und Abseilstellen. Atemberaubende Wildnis. Wir erreichten den Durchbruch der Gola de Goroppu . Unvergesslich schön. Dahinter begrüßte uns ein friedliches Tal. Mit Oleander und Erdbeerbäumen, einem ruhigen Bachlauf und die Gewissheit, es geschafft zu haben. Dachten wir.
Wir wussten von einem Weg, der uns bequem durch das weite Tal von Oddeone bringen würde. Wir gingen zu lange den Bachlauf entlang, hielten uns dann rechts am Hang statt links und verirrten uns in der dornigen, mannshohen Macchia.
Am späten Abend erreichten wir dann doch noch Dorgali. In der erstbesten Bar bestellten wir uns ein großes Bier. Etwa 30 ungläubige Augen auf uns gerichtet. Es muß ein trostloser Anblick gewesen sein. Unsere Kleidung war zerfetzt. Wir waren zerschunden, zerkratzt und zerschürft. Aber wir waren glücklich. Tom www.sardinien-tom.com