Kulinar. div. Eine Nacht bei API in der Casaperta.

Forumarchiv

(Beitrag aus dem alten Forum übernommen)
Autor: P1
Datum: 15.06.11 05:33

Wir hatten uns vorgenommen, Api zu besuchen, von Tortoili aus gegen Westen zu fahren und einmal die Bergwelt des Gennargentu zu durchfahren, im Navi also nicht die schnellste, sondern die kürzeste Strecke eingestellt. Die Reise ging über Jerzu, Perdesfugas, Escalaplano, Barumini zur Giara di Gesturi. Die haben wir uns auf dem Weg reingezogen, Pferde gesehen, blühende Macchia gesehen und geschnuppert, g´scheit Brotzeit gemacht und dann weiter zu Api. Die Stimme aus dem Lautsprecher sagte „ Sie haben ihr Ziel erreicht“. Aha, Platz zum Anhalten eher nicht, aber darauf war ich vorbereitet, denn die liebe Daisy sagte zu mir „Lass Dein 7m ungrad Schiff lieber stehen und fahr nur mit dem Zugwagen.“ Ja Daisy, jetzt wusste ich, was Du mir sagen wolltest. Also nochmal eine Runde und Auto auf der Durchgangsstraße abgestellt. An dem Klopfring geklopft, die „Hundeglocke“ wurde in Gang gesetzt, Api fing sein Hunderudel erst mal ein, er wusste ja noch nicht, dass da ein „Hundeflüsterer“ angereist kam. Die Tür ging auf und von diesem blonden blau äugigen Mann, den ich ja bis jetzt nur virtuell kannte, ging eine Herzlichkeit aus, die man schwer in Worte fassen kann. Und dann kam auch Marina hinzu, genau so herzlich, aber weder blaue Augen noch blond, nein Marina ist Sardin. Marina fragte, mögt ihr einen Cafe, klar gerne war die Antwort, aber wir würden uns gerne etwas „aufhübschen“, soll heißen, die Spuren der Reise beseitigen. Marina spricht englisch oder italienisch natürlich und der liebe Friedemann deutsch mit Hamburger Zunge, englisch, italienisch und bekommt manchmal einen Knoten in die Zunge, wenn er zwischen zu vielen Sprachen am Tisch vermitteln muss. Wir wurden in die örtlichen Gegebenheiten eingeführt, Zentraler Raum des Hauses ist die Küche. Ja Leute, sowas macht Eindruck bei mir. Von dort aus geht’s nach oben in die Gästezimmer, wir hatte das große lila Zimmer für verliebte Paare, zu Bad und Toilette geht es wieder runter durch die Küche, aha, also bei dem nächtlichem Gang zur Toilette am Kühlschrank vorbei………. das eröffnet ganz neue Möglichkeiten, durchs Wohnzimmer, in gebückter Haltung durch die Tür, die gefühlte 1m 40 hoch ist, ins Bad. 1,40m ist ja auch für die einheimische Bergbevölkerung vollkommen ausreichend. Diese Wand ist wohl die ehemalige Außenwand des alten Hauses, der Anbau für Gäste ist neu, die zweite Badtür geht in den romantischen Altbau, natürlich kann man sich auch bei dieser Tür das Hirn anrennen. In einem offenem Haus und das ist die Casaperta wirklich, sind Türen nicht verschlossen, aber wenn sie zu sind, dann gilt, der Raum ist besetzt, also ganz einfach. Nach dem Herrichten für unsere Gastgeber begaben wir uns in den kleinen Innenhof, der mit einem Tisch und 6 Stühlen fast ausgefüllt ist. Auf dem Weg dorthin stand schon der Cafe bereit und ich habe den Trick mit dem in Cafe aufgelösten Zucker, den man dann in den Cafe gibt, ausprobiert. Gott sei Dank haben die Gäste vor uns die Mocca nicht mitgenommen………………..
Liebe Marina, lieber Friedemann, zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits das Gefühl, nicht mehr Gäste zu sein, sondern Freunde, denn ihr zwei lebt euer Konzept und strahlt eine innere Zufriedenheit aus. Und ich bin mir ganz sicher, auch in eurem Leben gibt es genug Aufgaben, die jeden Tag gelöst werden müssen.
Es waren außer uns noch Fotoclaudi im Haus und ein IT Mann aus London, der wohl öfter seinen Job von Sardinien aus macht, weils eben wärmer ist und ihm das Essen bei Api besser schmeckt. So nebenbei wurde der Aperitiv gereicht, Api und Marina bereiteten so „ganz nebenbei“ das gemeinsame Mahl zu und die Gäste sind zwanglos dabei, wie eine schöne Vorspeisenplatte nach der anderen entsteht. Api entfernte bei einer Orange die Schale und ich sagte, he Api etwas mehr Sorgfalt bitte, da ist noch viel Weißes dran. Wie sich herausstellen sollte, war das gut so, denn in Scheiben geschnitten und mit Chilipulver bestreut, etwas Olivenöl darüber, ergab das ein Antipasto, das mir besser schmeckt als die Orangen-Fenchel –Zwiebel-Geschichte. Grüne Tomaten geschnitten auf eine ovale Platte unten angeordnet, ein paar Romano Salat Blätter aufgefächert auf der anderen Seite, ergaben ein schönes Bild, das an eine Ananas erinnerte, darüber dann feingeschnittener Bottarga, noch Öl dazu, fertig. Api berichtige, wenn ich hier mal was vergesse! Ja, der Mann hat schon in großen Häusern gekocht, das merkt man. Diese Platte wurde dann die Meine, oder besser gesagt für mich den Bottarga, die anderen 5 bevorzugten das Grünzeugs. Einen kleinen Pecorino, nur die Form war klein, der Geschmack war riesig, den hatte er in zähen Verhandlungen einem Schäfer abgerungen, der den eigentlich selber essen wollte. Danke Api, das war eine gute Tat, für mich jedenfalls. Salsiccia gabs, Claudi meinte, gib mir mal die Salami, sag nie wieder Salami zu der Salsiccia, sagte Api, so jetzt war Claudi auch im Bilde. Datteln entkernt in Bauchspeck eingewickelt, im Ofen überbacken, ebenso einfach wie genial.
Als Primo gab‘s, von Marina mit ganz viel Liebe zubereitet, Leute sowas schmeckt man, wenn etwas mit Liebe zubereitet wird, Malloreddus mit Tomatensauce, die Malloreddus waren nicht selber gemacht, tat dem Ganzen aber keinen Abbruch. Ein viertel Ferkelchen war noch im Ofen, war ganz ausgezeichnet, ich bekam das Schäuferle, ja das war wirklich „le“ und 6 Wachteln hat dann unser Api auch noch aus dem Ärmel gezaubert. Ja da kam dann schon so etwas wie Neid bei mir durch, geht der doch einfach in den Garten und kommt mit einem Zweig Lorbeerblätter zurück, haut das Zeug scheinbar ohne Hirn und Verstand in die Pfanne mit den Wachteln, schwenkt und schmurgelt aus dem Handgelenk, ja glernt ist halt glernt, Rotwein drüber, Deckel drauf, Garzeitpunkt perfekt, Geschmack perfekt, Lorbeer auch nicht zu viel, gerade recht, weil der frische eben doch eine andere Liga ist. Ja und mit Kräutern wurde sowieso nicht gespart, da noch ein Zweig aufs Essen und hier noch einer auf den Tisch, mir hams ja, koscht doch nix, alles nur Unkraut. Ja, ja, Api gibs uns nur, isch scho recht. Ja ne Leute, ich sagte dann „ jo mei war des wieder fett“ und der Api, obwohl Nordlicht, verstand diesen Hinweis der „Südconnection“, die wollen Schnaps, und er stellte uns den Grappa hin, den unsere Fotoclaudi schon beschrieben hat. Ich will jetzt nicht wissen, wer den Stoff produziert, aber gut war er, gefährlich war er und es war wieder Platz für das göttliche Tiramisu der Chefin des Hauses. Cafe gabs, Wein gabs in Mengen, Wasser wurde aus Quellen gezapft, ja nicht einfach aus dem Wasserhahn, da fährt der Api für seine Gäste wer weiß wo hin, nur um Wasser zu holen. Ein Blick auf die Uhr, 1 Uhr30, geht doch schnell rum so eine „Fressorgie“, ja und jetzt noch etwas aufs Ohr knallen.
Dann kam das Frühstück, da fehlte es an nichts, für alle Marmeladenliebhaber ist der Api ein echter Geheimtipp, Sachen macht der, aber das soll er euch selber erzählen. Über Preise reden wir nicht, nur so viel: es war super anständig und es kann sich jeder leisten.
Natürlich wäre es kein Bericht von P1, wenn da nicht noch ein Haar in der Suppe wäre. Und dieses Haar waren die Zigaretten. Lieber Api, denk an Dich und Deine armen Gäste aber Du wirst erst verstehen was ich meine, wenn Du selbst Nichtraucher geworden bist.
Danke für diesen schönen Aufenthalt bei euch, nicht traurig sein, wenn ihr einen Camper nicht davon überzeugen konntet, eine Woche oder länger den Wohnwagen gegen eine feste Unterkunft einzutauschen, aber wir würden gerne wieder eine oder zwei Nächte bei euch verbringen, wenn wir dürfen.
So und jetzt noch ein paar Worte an den „Vollhorst“, der die Geschäftsidee „gib mir die Miete im Voraus für ein Jahr und ich baue dann eine Ferienwohnung aus“ in den Schmutz gezogen hat. Die Wohnung ist super geworden und auch für drei Jahre vermietet und jetzt kommst Du „Horst“ Du.
Friedemann und Marina, seid ganz herzlich von meiner Doris und mir gegrüßt, Doris erinnert sich in angenehmster Weise an die Unterhaltung in italienisch mit Dir, liebe Marina und es kam nicht mal zu einer politischen Grundsatzdiskussion mit Dir, lieber Friedemann, wir haben wohl doch zu viele gemeinsame Themen.
H+D
 
Autor: CiaoCiaoSardegna
Datum: 15.06.11 09:40

Ciao Hans,

na da warste heute Morgen aber schon ganz zeitig superfleißig! Vielen Dank für diesen tollen Bericht. Konnte mir alles quasi bildlich vorstellen und fast sogar schmecken! Das macht richtig Lust, Casaperta mal einen Besuch abzustatten.


LG - Barbara
 
Autor: fotoclaudi
Datum: 22.06.11 11:44

Hallo Hans,

ich hätte es nicht besser beschreiben können ;)
Was für ein Roman, Respekt!
Ich finde es bemerkenswert, welche Details Du noch weißt.
Viele Grüße auch an Deine Liebste.

Claudia
 
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