Neubau vom Bauherr: Vorsicht, Risiko

tumi

Sehr aktives Mitglied
Wir haben seit Jahren mit einer verantwortungslose und rücksichtslose Baufirma im Südosten zu tun (Villaputzu, Muravera, San Vito). Gesetzliche Pflichten werden umgangen, Arbeiten nicht abgeschlossen, und falsche Aussagen oder Ausreden geliefert, bis die Bank droht die ewig offenen Hypotheken der Baufirma zu schliessen. Wir haben zwar unseren Kaufvertrag immer noch nicht, aber zwischendurch hier ein paar Erfahrungen. Es sind keine umfassenden oder kompletten Informationen, und ich bin kein Anwalt:

Vorvertrag:

Ein Notar kann für den Vorvertrag involviert werden. Aber auch wenn man den Vorvertrag nicht von ihm machen lässt, sollte man ihn wenigstens für die Prüfung der Immobilie beauftragen (Besitzverhältnisse, Schulden, usw.).

Beim Vorvertrag wird ein Angeld bzw. eine Kaution geleistet (normal von 20 oder 25 bis 30%). Unglaublich aber wahr, wir haben 3 Parteien kennengelernt die schon quasi die volle Summe bereits beim Vorvertrag bezahlten, einer davon sogar bevor gebaut wurde (kein Scherz), und nun zittern sie, weil nur eine kleine Summe offen ist die für die Bank hinsichtlich der offenen Hypotheken des Bauherrn uninteressant ist.

Bei der "caparra confirmatoria" Variante der Kaution ist der Käufer berechtigt das Doppelte der Kaution zurück zu verlangen wenn der Verkäufer den Vertrag nicht erfüllt. Gesetzlich verpflichtet ist der Bauherr, alle Zahlungen vom Vorvertrag mit einer Versicherung gegen Konkurs abzusichern ("fideiussione").
Der schlaue Bauherr im Südosten schließt diese Versicherungspolice so ab, dass sie nur ganz genau bis zum geplanten Termin des Kaufvertrags läuft, und dieser Termin wird dann nicht eingehalten. Das ist günstig für ihn weil er dann nur ca. 1% dafür bezahlt. Mahnungen dass er illegal handelt wenn er die Police nicht verlängert interessieren ihn nicht, weil er weiß dass man zum Gericht müsste.

Wir haben uns die Schlüssel geben lassen, um die Immobilie inzwischen bis zur verspäteten Übergabe einzurichten. Denn somit wurde sie rechtlich gesehen an uns geliefert, wenngleich wir noch nicht die Eigentümer waren. Dieser Zustand, mit Schlüssel und Eigentum in der Immobilie, nicht nur der geleisteten Anzahlung, ist wichtig falls ein Bauherr tatsächlich bankrott geht.

Kaufvertrag:

Notar ist Pflicht. In Italien gibt es ein wichtiges Gesetz seit Januar 2014 (Nummer 147, Legge di Stabilità) das ein Vertrauenskonto des Notars bei Immobilienverkäufe vorsieht. Die Zahlungen werden zudem erst vom Notar freigegeben wenn das Procedere ("l'atto") erfolgreich durchgeführt wird. Man braucht also kein lokales Girokonto, oder gar spezielle Schecks. Man kann bequem im Vorfeld mit SEPA aus Deutschland zum gesicherten Konto des Notars überweisen. Sollte also eine Assistentin des Notars auffordern, ganz dringend ein lokales Girokonto zu eröffnen (wie bei uns, obwohl wir noch gar keine Adresse in Italien haben) dann fordert man einfach "Legge di Stabilità" und alles ist gut.

Eine Baufirma muss eine Versicherung beim Kaufvertrag gegen Baumängel mitgeben, die mindestens 10 Jahre gültig sein muss. Das ist gesetzlich vorgeschrieben, mit hohen Strafen falls nicht vorhanden. Der Käufer muss beim Kaufvertrag bestätigen, diese Police empfangen zu haben.
 
Oha Tumi, das ist unschoen!
Name der Baufirma waere gut als echte Warnung.

Die Geschichte mit dem Sicherheitskonto des Notars klingt vernuenftig, erleichtert auf jeden Fall die Zahlung bei Vertragsabschluss - bis jetzt mussten die (sardischen) Verkaeufer hier 5-6 Wochen auf ihr Geld warten, weil ein deutscher Bankscheck bei der Banco di Sardegna eben so lange auf seine Verrechnung warten laesst.

Ein Girokonto in Italien zu eroeffnen ist im Uebrigen gar nicht so einfach, wenn man kein "residente" ist oder
eine Festanstellung bei einer italienischen Firma hat...
Dafuer gibt es z.B. die "Superflash" Karte von der Banca IntesaSanpaolo, die kann jeder haben, da auf Guthabenbasis, also quasi wie eine prepaid Kreditkarte, aber trotzdem online als Konto zu benutzen (Ueberweisungen, Telefonaufladungen etc.).
Und ich wuerde jedem, der mit Handwerkern oder aehnlichem auf der Insel zu tun hat, empfehlen, ein Konto in dieser Art zu eroeffnen, denn dort kann man dann auch schnell mal auf Bargeld zurueckgreifen (bis 10.000 euro)

Fuer den Vorvertrag ist uebrigens eine Caparra von 10%, maximal 5.000 Euro in bar oder maximal 25.000 Euro als Scheck ueblich - wer anderes sagt, ist schon halb kriminell oder sehr in Geldnot!

Natuerlich kann man den Vorvertrag auch beim Notar machen, wenn man gern nochmal extra 2-3 Tausend Euro zahlen moechte, ohne einen Vorteil daraus zu schlagen, denn auch als privater Vertrag mit Wertmarke (marca di bollo) ist er vor jedem Gericht gueltig.

Grundsaetzlich empfehle ich jedem, der eine Immobilie erwerben moechte, einen Uebersetzer des Vertrauens (der auch die Klauseln eines solchen Vertrages uebersetzen kann und nicht nur buongiorno und salute kennt) hinzu zu ziehen!
Auch der Dolmetscher des Maklers oder der Baufirma ist nicht unbedingt auf der Seite des Kaeufers....
 
Ich empfinde es als komplett problemlos, ein Konto in Italien zu eröffnen als nicht residenti.
z.B bei der Banca di Sardegna, etc.
So bekommt man für den Kaufvertrag einen asegno circolare= bankgedeckter Scheck,
mit dem jeder Verkäufer zufrieden ist.
Außerdem kann man, wenn natürlich ausreichend Geld auf dem Konto ist, ein carnet=Scheckheft
bekommen, um die Handwerker zu bezahlen und die nötigen Zahlungen wie ENEL etc. per Bankeinzug organisieren.

Was tumi da erlebt hat, habe ich sonst noch nie gehört.

Tanti saluti
Bea2
 
Das klingt wirklich unschön, was tumi da durchmacht.

Ich hatte letztes Jahr beim Hauskauf auch das Geld an den Notar überwiesen, war aber schwieriger als gedacht, weil das Gesetz sich zwar schon ankündigte, aber sich keiner damit auskannte und der Verkäufer musste sein Einverständnis dazu geben. Dann ging es aber.

Ich würde auch immer dazu raten, sich selber um jemanden zu kümmern, der übersetzt, das sehe ich wie apixedda..da denke ich halt auch" wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing"

Und ich habe gar keinen Vorvertrag gemacht, das ging auch, aber durch den Notar prüfen lassen, ob alles in Ordnung ist, diese Prüfung der Papiere bietet der Notar in Sernobi auch als Einzelleistung an, selbst wenn es nicht zu Kauf kommt. Und zu einem überschaubaren Preis.

Ich würde auch gern den Namen der Baufirma kenne, als Warnung.

Ich finde das mit dem Konto eröffnen auch sehr speziell. Die Banco de Sardegna wollten im Monat 30 € Kontoführungsgebühren, weil ich nicht residente bin...Habe eins bei der Postbank bekommen, aber habe es immer noch nicht geschafft raus zu bekommen wie ich es online führen kann...ich hoffe, das bekomme ich noch raus.

Und Tumi drücke ich die Daumen, das sein Traumhaus nicht zum Albtraum wird..
 
Den Namen bitte nur per PN und Tina das wird noch mit der Post, ich führe es seit 2008 online, falls fragen!?
 
um Missverständniss zu vermeiden:
  • 5.000 sollte man keinesfalls in Bar bezahlen, denn ich glaube schon ab 1.000 ist verboten.
  • 10, oder eher 20 bis 30% Angeld/Anzahlung (caparra confirmatoria) ist normal. Ich meinte kein Reugeld (caparra penitenziale), denn das ist etwas Anderes und kann durchaus weniger sein!
Ich habe meinen Beitrag ungünstig formuliert, denn es geht hier nicht nur um diese eine Firma. Ich nannte unseren Fall als Beispiel. Wenn man die ganzen Neubauten kennt die seit Jahren nicht fertig wurden und immer wieder in neuen Anzeigen zu entdecken sind, lauert hier ...möglicherweise... auch ein verschuldeter oder unzuverlässiger Bauherr. Also Vorsicht!


Eine schlimme Gefahr kommt leider vom Gesetzgeber selbst, und sie bietet unglaubliche Möglichkeiten für Betrug:

Widerrufsklage (azione revocatoria) bis 2 Jahre nach dem Kauf von einer Baufirma:

Sollte die Baufirma innerhalb von 2 Jahren nach dem Kauf den Konkurs melden, kann der Käufer die bezahlte und registrierte Immobilie tatsächlich durch einen Richter noch verlieren, um die Schulden durch Konkursversteigerung an Gläubiger auszuzahlen.
Wirklich. Beim Europäischen Verbraucherzentrum in deutsch nachzulesen (Seite 20): euroconsumatori.org

Achtung: was in der Broschüre nicht steht ist dass eine solche Enteignung scheinbar nicht stattfinden kann wenn der Käufer oder Familienmitglied den italienischen Wohnsitz dort meldet.
 
Zuletzt geändert:
Ein Italiener hat mich informiert, dass das Gesetz zur Widerrufsklage inzwischen geändert sei und man nun "nur" 6 Monate nach dem Kauf enteignet werden kann. :rolleyes:

Nachtrag: mein Notar informierte mich es sei nun 1 Jahr, nicht mehr 2, wäre für normale private Verkäufe. :rolleyes::rolleyes:
 
Zuletzt geändert:
Nein, Zweitwohnsitz gilt nicht.

Abwendung von Anfechtungsklagen (azione revocatoria fallimentare):
Wenn der Wohnsitz des Käufers oder eines Familienangehörigen innerhalb 12 Monaten ab Fertigstellung der Immobilie dort verlegt wird.

(Das Thema betrifft Neubauten von einer Baufirma)
 
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